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Flying on three weels
Vorwort: Dies ist ein Bericht über das seltsame Fahrzeug, das hier
abgebildet ist. Wer jetzt denkt,
was hat das in einer Entenzeitung verloren, soll mir die Themaverfehlung
verzeihen und weiterblättern. Wer jedoch in der Ente
nicht nur ein Überbleibsel aus der Steinzeit des Automobilbaus,
sondern auch eine Idee sieht, die es wert ist weiterentwickelt zu
werden, wird vielleicht Interesse an diesem Bericht finden. Denn
er beschreibt, was für ein modernes Automobil durch Kombination
von 20 bzw 30 Jahre alten Erkenntnissen entstehen kann. Der Motor
des 2CV ist praktisch seit 20 Jahren unverändert. Der erste
Sportwagen mit einem Monocoque aus Sperrholz und geringem Luftwiderstand
wurde vor über 35 Jahren von Frank Costin gebaut.
Konsequent leicht und strömungsgünstig gebaute Automobile gibt es
sehr sehr wenige. Eines hat der Möbeltischler Friend Wood in 2000 Arbeitsstunden
auf nur 3 Räder gestellt. Er verwirklichte seinen Traum ein Fahrzeug zu
bauen, das 2 Personen und etwas Gepäck schnell, bequem und wirtschaftlich
befördern kann. Motor, Getriebe, Federung und Radaufhängung übernahm
er von Citroën's Dyane 6. Rahmen und Karosserie entwarf und baute er selbst
aus Sperrholz. Die Form der Karosserie ist kompromißlos strömungsgünstig,
und besteht aus 2 Grundkörpern, die getrennt gefertigt wurden. Die Suche
nach einer geeigneten Windschutzscheibe war nicht so einfach. Die Heckscheibe
des Saab 96 hatte schließlich die gewünschte Krümmung, und erfüllte,
verkehrt herum eingebaut alle Anforderungen. Für die Entscheidung, den
Wagen aus Holz zu bauen, gab es mehrere Gründe. Es läßt sich
leicht verarbeiten und bietet hohe Festigkeit bei geringem Gewicht. Modernes
Sperrholz ist unempfindlich gegen Temperaturschwankungen, korrosionsbeständig,
frei von Materialermüdung und kann durch gezielte Behandlung gegen Feuer,
Wasser, Pilz- und Holzwurmbefall widerstandsfähig gemacht werden. Schließlich
war es eine Gelegenheit, neue Maschinen zu erproben sowie neue Fertigungstechniken
zu erlernen.
Die Geometrie des Kastenrahmens entspricht weitgehend dem der
Dyane 6. Der Radstand ist identisch. Das hintere Ende des Rahmens
ist schmäler. Die Seitenteile des Rahmens bestehen aus quadratischen,
5/8 inch starken, verleimten Leisten aus Douglasfichte.
Links und rechts ist jeweils eine Lage aus 3mm Gaboon-Sperrholz
aufgeleimt. Boden und Deckplatte des Rahmens bestehen ebenfalls
aus 3mm Gaboon. Die Rohre zur Befestigung der Federtöpfe und
Stoßdämpfer sind mit Epoxy eingeklebt. Diese Rohre stammen aus
dem Dyane-Rahmen. Um die Kraft, die auf die Achsschrauben wirkt,
am Rahmen zu verteilen, wurden Stahlbänder mit je 6 Schrauben am
Rahmen befestigt. Die Schraubenlöcher sind etwas größer, als die
Schrauben. Der Raum zwischen Holz und Schrauben wurde mit Epoxy-
Harz ausgegossen. Das Harz saugt sich ca 2.5 cm in das Holz und
verteilt so die Kraft, die auf die Schrauben wirkt, gleichmäßig
auf den Rahmen. Jede dieser Schrauben kann ca 300 Kg tragen. Die
eigentlichen Achsschrauben und die Schrauben der Motorbefestigung
gehen durch mit Epoxy eingeklebte, Stahlhülsen. Das Gewicht des
fertigen Rahmen, ohne Achsen, beträgt ca 16 kg. (Zum Vergleich:
Der Rahmen eines 2CV wiegt ca 50 kg).
Das Cockpit ist als Monocoque ausgeführt. Ein Monocoquechassis aus Sperrholz
ist so stabil wie ein Rohrrahmenchassis, aber wesentlich billiger und einfacher
herzustellen. Der Hauptteil der Karosserie besteht aus 3 Lagen 1,5 mm Kahya
(Mahagoni-Furnier), die, wie im Bootsbau, über ein Gerippe aus Holz gebogen
und mit Epoxy verleimt sind. Auf diese Weise wurde der Rumpf in einem Stück
gefertigt. Nach Aushärten des Harzes wurde der Rumpf auseinandergeschnitten
und vom Holzgerippe getrennt. Der Oberteil der Karosserie (Windschutzscheibenrahmen
und Dach) entstand auf die gleiche Weise. Die Türen wurden aus der fertigen
Karosserie ausgeschnitten. Der Wagenboden ist vollkommen glatt und geschlossen.
Nur unter dem ersten querliegendem Auspufftopf ist eine Öffnung zur Kühlung.
Der 2te Auspufftopf liegt innerhalb der Karosserie. Die nach vorn öffnende
Motorhaube ist mit 2CV-Türscharnieren am Rahmen befestigt und kann leicht
komplett entfernt werden. Der Tank faßt 30 Liter und ist ebenfalls aus
mit Epoxy getränktem, Sperrholz. Mehrere Schotten verhindern ein Schwappen
des Benzins bei halbleerem Tank.
Die Seitenscheiben (die einzigen Teile, die Friend Wood anfertigen ließ),
die Heckscheibe und die Abdeckung der Scheinwerfer sind aus Plexiglas. Die Armaturen
sind von Citroën Ami 8 und GS. Wenn man den Boden im Fahrgastraum entfernt,
kommt man zu den Schrauben der vorderen Stoßdämpfer und zum 2ten
Auspufftopf. Das Reserverad steht quer hinter der Sitzlehne. Wenn man diese
entfernt, ist der Zugang zum hinteren Stoßdämpfer frei. Der ganze
Wagen ist sehr servicefreundlich aufgebaut. Die Abdeckung unter der Ölwanne
und die Motorhaube sind mit Schraubschnellverschlüssen gesichert.
Soweit die Theorie, sollte etwas nicht ganz korrekt wiedergegeben
sein (vor allem bei der Technik der Holzbearbeitung), so ist das
meinen mittelmäßigen Englischkenntnissen zuzuschreiben.
War ich vom Anblick des Fahrzeugs begeistert, so gehört die Fahrt in der
Tryane II zu den ganz seltenen unvergeßlichen Erlebnissen. Das Einsteigen
erfordert etwas Übung oder Gelenkigkeit. Hat man Platz genommen, sitzt
man mit ausgestreckten Beinen sehr bequem. Kopf- und Ellbogenfreiheit sind auch
für 1.90 m große Menschen ausreichend. Einzig der Seitenhalt der
Sitze wäre zu kritisieren. In schnell gefahrenen Kurven ist es daher ratsam
den Kreuzgurt enger anzulegen, vor allem für den Beifahrer. Die Beschleunigung
ist dank des geringen Eigengewichts von nur 440 Kg sehr gut. Nach gar nicht
langer Zeit zeigte die Tachonadel auf 80 Mph und von Evi, die uns in meinem
2CV folgt, war längst nichts mehr zu sehen. Mit ca 130 Km/h flitzten wir
über die leicht gewundene Landstraße. Die Straßenlage ist hervorragend
und erlaubt hohe Kurvengeschwindigkeiten. An Windgeräuschen hört man
nur ein leises Zischen. Der Motor ist deutlich zu hören, aber nicht unangenehm.
Nur beim Beschleunigen mit Vollgas wird er bei Drehzahlen über 5000 UpM
laut. Klappergeräusche oder Resonanzen gibt es nicht. Und das obwohl, außer
einer 2cm dicken Schaumgummimatte unter der Motorhaube, keine Schalldämmung
eingebaut wurde. Erstaunlich ist, wie elastisch der 602 ccm Dyane Motor ist.
Ab 40 km/h kann man im 4ten Gang fahren. Auf den kurvigen Straßen in den
französischen Weinbergen mußte ich mit dem 2CV im 2. und 3. Gang
fahren. Mit der Tryane II fährt man bei gleicher Geschwindigkeit im 3.
und 4. Gang, ohne den Motor zu quälen. Erstaunlich auch, wie gering Roll-
und Luftwiderstand sind. Läßt man den Wagen ohne Gang ausrollen,
scheint er ewig weiterrollen zu wollen, und verliert nur unmerklich an Geschwindigkeit.
Bereits bei ganz leichtem Gefälle rollt er ohne Geschwindigkeitsverlust.
Auf diese Weise mit 80 bis 100 km/h unterwegs zu sein, ist wie fliegen, fliegen
auf 3 Rädern. Außer dem leisen Zischen des Fahrtwindes ist nichts
zu hören. Die hervorragende Federung schluckt Fahrbahnunebenheiten noch
besser, als im 2CV. Die Seitenneigung in Kurven ist überraschend stark.
Das liegt wohl daran, daß in dem leichten Wagen das Gewicht der Passagiere
den Schwerpunkt nach oben verlagert. Durch einen 2ten Querstabilisator vom Ami
8 an der Vorderachse könnte die Seitenneigung vielleicht noch etwas verringert
werden.
Die Belüftung des Fahrgastraumes erfolgt über kleine Schiebefenster
in den Seitenscheiben, in die Lufthutzen aus Pappe gesteckt werden können.
In den Verkleidungen der oberen Türscharniere befinden sich Öffnungen,
die zu je 2 Frischluftdüsen
führen. Die Schläuche, die bei der Dyane die Bremscheiben mit
Kühlluft vom Ventilator versorgen, wurden von den Bremsen abgeschlossen
und bis in den Fahrgastraum verlängert. Eine Überhitzung der Bremsen
trat auch bei längeren Talfahrten im Freilauf
nicht auf. Bei stehendem Fahrzeug heizte sich der Innenraum unter
der französichen Sommersonne stark auf. Während der Fahrt ist die
Belüftung ausreichend und bringt die Temperatur schnell wieder in
angenehme Bereiche (Schneller als im 2CV bei geschlossenem Dach).
Grund dafür sind das geringe Luftvolummen im Fahrgastraum, die
senkrecht hinter den Sitzen stehende Heckscheibe und das Fehlen
von hitzespeichernden Blechteilen.
Der Benzinverbrauch der TRYANE II betrug auf unserer gemeinsamen
Reise durch Frankreich 4.5 bis 5 Liter auf 100 Km. Zum Vergleich:
mein 2CV verbrauchte 5.8 bis 6 Liter / 100 Km. Beim 2CV Welttreffen
in Orleans wurde ein Economyrun veranstaltet. Ziel war,
mit 0.2 Liter Benzin auf der 2CV Cross Strecke soviele Runden wie
möglich zu fahren. Friend Wood fuhr die Tryane II im 4. Gang mit
ca 16 km/h bei Leerlaufdrehzahl. Er gewann den Bewerb mit einem
Verbrauch von 1.76 l/100 km. Normale 2CV kamen auf knapp 2 l/100
km. Die Vorteile des konsequenten Leichtbaus zeigten sich auch
beim Bergrennen am Mt. Chateau in St. Sernin du Plain, anläßlich
der Raid France.
1st Raid France Hillclimb 1.4 Km 31.7.1989
Zeit Durchschnittge-
schwindigkeit
1. Friend (Tryane II) 1'26"43 58.3Km/h
2. Albi (2CV6 mit 5 Gang 1'31"75 54.9Km/h
Getriebe v. Eugen Weber)
3. Chris (2CV6) 1'42"27 49.3km/h
4. Andrew (2CV6) 1'44"93 48.0km/h
Die Höchstgeschwindigkeit der Tryane II wurde bei Testfahrten in
England mit 146 km/h gestoppt. Mit dem original Dyane6-Getriebe
beträgt die Motordrehzahl bei dieser Geschwindigkeit 7072 UpM.
Der Schweizer Eugen Weber baut jetzt ein 5-Gang-Getriebe speziell
für die Tryane II. Die Gesamtübersetzung im 5. Gang ist auf ca
160 km/h bei 6000 UpM ausgelegt, basierend auf Berechnungen des
englischen Sportwagenkonstrukteurs und Aerodynamikers Frank
Costin.
Technische Daten TRYANE II
Länge 4.166 m
Breite 1.651 m
Höhe 1.334 m
Stirnfläche 1.653 m2
Gewicht 440 kg
Gewicht Rahmen 15.88 kg
Leistungsgewicht 13.75 kg/PS (2CV6 20kg/PS, DYANE6 18.75kg/PS)
Motor
2 Zylinder Boxer luftgekühlt
Hubraum 602 ccm
Bohrung 74 mm
Hub 70 mm
Verdichtung 9:1
Leistung 32 PS DIN bei 5750 U/min
max. Drehmoment 4.2 daNm DIN bei 4000 U/min
Höchstgeschwindigkeit 146 km/h
Verbrauch 4.5 bis 5 L/100 km
Buchtip
Erschienen ist das Buch 1986 im Verlag Patric Stephen
Limited, Denington Estate, Wellingborogh, Northants
NN8 2QD England. Wenn man es überhaupt noch bekommt,
dann sicher nur in England.
Benzinkocher Hannes
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