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Stecken Deine Bremsen?
Aus NaRizin 271, April 1996, Seite 16
Seit längerem schon hatte ich das Gefühl, bei Alexandras
Ente (Baujahr 84 mit Scheibenbremsen) stecken die Bremskolben.
Dies äußert sich, indem das Auto auch auf leicht geneigter
Fahrbahn nicht ins Rollen kommt, wenn man von der Bremse geht.
Versucht man dann, mit einem Schraubenzieher die Bremsbeläge
zurück zu drücken, ist dies auch mit roher Gewalt (die
man eigentlich nicht anwenden sollte, denn dagegen sind die Bremsscheiben
empfindlich) kaum möglich.
Folgende Erfahrungen zur Behebung dieses Problems kann ich Euch
berichten: Die Bremskolben werden so schwergängig, weil der
äußere Dichtring - der Staubfang-Ring - in seiner Nut
von durch Oxidation aufblühendem Aluminium so komprimiert
wird, daß er übermäßig gegen den Bremskolben
drückt.
Die zweite Möglichkeit, die ich zum Glück noch nie erlebt
habe, ist, daß es einer anderen Bremsflüssigkeit als
unserer lieben grünen LHM gelungen ist, in das Bremssystem
zu gelangen. Da sie sich mit den für LHM gedachten Dichtungen
nicht verträgt, zersetzen sich diese und fangen an zu quellen.
Der Bremskolben wird wieder tüchtig in den Schwitzkasten
genommen. In diesem Fall wird einem die Ehre zu Teil, nicht nur
die Bremskolben-Dichtungen, sondern sämtliche Dichtungen
des ganzen Systems tauschen zu dürfen. Ausführlich war
dies ja bereits in NaRizin 270 nachzulesen.
Aber bleiben wir bei dem im Gegensatz dazu noch sehr friedlichen
Bremskolben:
Nachdem es einem irgendwie gelungen ist, die widerspenstigen Gesellen
soweit zurückzudrängen, daß die Bremsbeläge
etwas Luft bekommen, kann man diese herauskitzeln. Ist dies geschafft,
kann man nach Abschließen der Handbremsseile und Bremsleitung
(auch Verbindungsleitung) bereits die Bremssättel vom Getriebe
lösen. Für alle diese Arbeiten empfiehlt es sich, zuvor
Heizungsschläuche, Luftfilterkasten und Starter zu entfernen,
um genügend Bewegungsfreiheit zu haben. Um aus den nun ausgebauten
Bremssätteln die steckenden Kolben heraus zu bekommen, ist
mir nach längeren Irrwegen mit Kompressor und anderen Hilfsmitteln
folgende watscheneinfache Methode, die Profis wahrscheinlich ja
eh schon immer anwenden, eingeschossen. Einfach jeweils eine Bremssattelhälfte
nach der anderen Bremssattelhälfte an den Hauptbremszylinder
anschließen, den zweiten Anschluß mit dem Entlüfterstopfen
verschrauben und die Bohrung, die normalerweise zur anderen Bremssattelhälfte
geht, mittels einer Zwinge mit unterlegtem Gummiplättchen
abdichten. Es kann dazu nötig sein, ein Messingröhrchen,
das in dieser Bohrung steckt, zu entfernen, dieses läßt
sich aber leicht herausziehen. Durch vorsichtiges Pumpen mit dem
Bremspedal lassen sich so die Bremskolben ganz leicht und schonungsvoll
herausdrücken. Da sie aus teflonbeschichtetem Aluminium bestehen,
verbietet sich jede Werkzeuganwendung von selbst. Nun müssen
nur noch die festklemmenden Dichtungen aus den Nuten entfernt
werden und der Patient ist über den Berg. Die innere Dichtung
läßt sich meist durch Einsetzen eines Schraubenziehers,
den man mit entsprechendem Druck entlang der Nut führt, dazu
bewegen, sich an einer Stelle ein bißchen zusammenzuschieben
und auf der anderen Seite einen Kreissehne durch den Zylinder
zu spannen. (Siehe Zeichnung 1).
In diesem Moment einen flinken Finger an der richtigen Stelle und die Dichtung
ist unser. Die äußere Dichtung gibt meist nicht so leicht auf, ihr
muß man schon mit härteren Bandagen kommen. Na bitte, wie sie will:
Mit einem schräg eingesetzten Stainley-Messer macht man einen ca. 2 cm
langen Schnitt quer durch die Dichtung (Siehe Zeichnung 2). An dieser "Lasche
läßt sie sich dann entweder herausziehen oder man muß sie an
einer Stelle ganz durchtrennen, um ein Ende zu erhalten, das mit dem Schraubenzieher
herausgehoben werden kann. Bei all diesen Aktionen sollte man tunlichst vermeiden,
abzurutschen und die Oberfläche zu zerkratzen (in die Finger stechen ist
weniger tragisch, die wachsen wieder zusammen). Um die Ausblühungen in
den Nuten zu entfernen, habe ich noch nichts Besseres gefunden, als diese vorsichtig
mit einem Schraubenzieher auszukratzen.
Nun können bereits die neuen Dichtungen eingelegt werden.
Es gibt Dichtungen, die mit einer grünen Seitenfläche
markiert sind, diese soll nach außen, das heißt zur
Bremsscheibe hinweisen. Dann die Kolben mit Bremsflüssigkeit
benetzen, hineindrücken und alles wieder zusammenbauen. Entlüften
sollte man in der Reihenfolge: vorne, rechts hinten, links hinten
und nochmals vorne. Dabei sollte man einen hilfreichen Bremspedaltreter
zur Verfügung haben. Meist reißen sich Verwandte und
Bekannte förmlich darum, diese ehrenvolle Aufgabe übernehmen
zu dürfen. Es wird ein Schlauch auf den Entlüftungsnippel
gesteckt, dieser geöffnet und solange gepumpt, bis klare,
blasenfreie Bremsflüssigkeit kommt. In einer Phase des Bremspedal-Niedertretens
schließt man dann den Entlüftungsnippel. Jetzt noch
die Handbremse einstellen und das Entlein bremst wieder, wie es
soll. Dazu jeweils ein Vorderrad mit dem Wagenheber anheben und
den Exzenter, auf dem der Bremshebel gelagert ist, so einstellen,
daß bei Durchdrehen des Rades der Abstand zwischen Handbremsbelagsrückseite
und Bremshebel an der engsten Stelle 0,1 mm ausmacht. Seile so
einstellen, daß sie gerade auf Zug gehen und fertig.
Viel Spaß beim Werken, Michi.
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