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Weil wir die dreiviertel Stunde Wartezeit bis zu jener Fähre, die wir bestimmt nimmer erreichten, irgendwie überbrücken mußten, hielten wir diese Scherze behutsam warm.
Der einzige erwachsene Ort auf Mageroya heißt Honningsvag und liegt im Süden der Insel, damit die Einheimischen nicht so weit fahren müssen, wenn sie begehrlichen Blickes nach Süden starren möchten. Meistens bleibt es freilich beim Starren. Auf der Nordkapp-Insel schaut die Hälfte der Leute sehr ähnlich aus, fast wie eine Familie, ist man versucht zu sagen.
Das Nordkapp ist im Winter von trunkener Schönheit. Die Sonne rollt den Horizont entlang und taucht die verschneiten Hügel in tiefes Orange, die Touristenzentren und -kassen winterschlafen, und das langatmige Plätschern des Meeres mischt sich aufs anmutigste mit dem einsamen Wind. Wer jetzt herkommt, gilt eigentlich nicht als Tourist, sondern als stiller Gast. Auch wenn er hemmungslos fotografiert, was dort oben sonst nur zu wärmeren Zeiten passiert.
Im Winter hingegen: Hintergrund anplugged, sogar die Gebäude am Kapp tragen ein Mimikry-Schneehauberl. Puristischer wird niemand dieses Fleckerl erleben, und keiner wird stiller die Rückreise antreten.
Ich ging zeitig schlafen, so um zwei. Schon um halb sechs morgens stand Sloten im Zimmer, vielleicht ein wenig schief, und lachte. Nicht unbedingt laut, so daß sie in den Zimmern daneben ernstlich über die Höhe des Trinkgeldes an den Zimmervermieter nachdachten, aber ohne Unterlaß. Ich lachte zuerst ein bisserl mit, man muß ja nicht unbedingt granteln, nur weil man ein wenig aus dem Schlaf geprustet wird. Schon nach fünf Minuten hatte ich mich beruhigt, gegen dreiviertel sechs einigten wir uns auf unbegründete Heiterkeitsausbrüche slotenamts, was das Zimmer auch nicht leiser werden ließ. Irgendwann schlief ich wieder ein. Ich war zu müde zum Zuhören.
Es ist an der Zeit, das durchschnittliche Fahren an gewöhnlichen Tagen ins Blatt zu rücken: Sloten lenkte und funkte, ich verlor sein Feuerzeug und reichte den Grapefruitsaft, vergaß aber regelmäßig, das Fruchtfleisch aus dem Schlaf zu schütteln. Bisweilen schlief auch ich ein wenig, unterzog meine Fäustlinge einem ausgiebigen Kopfpolster-Test und war stets bemüht, mit heiteren Worten zu erwachen, etwa: "Ich hab Hunger, ich hab Durst, ich muß lulu, simma bald da?". (Kleine Empfehlung: Schaffell-Fäustlinge vom C&A federn den Bluzer ausreichend kuschelig gegen die B-Säule ab.) Am Tag nach der Superfinn-Zeremonie hingegen purzelten die Rollen durcheinander: Ich drehte am Lenkrad, während Sloten mit langsamen Bewegungen den Saft reichte und das Fruchtfleisch ruhen ließ. Auch schlief er selbst bisweilen ein, wenn er nicht gerade mit letzter Energie das Lenkrad urgierte oder über Funk über Meuterei klagte.
Gü ist, was man nicht verschwiegen kann, mittlerweile Superfinn3. Dies hat freilich Auswirkungen auf sein Befinden allgemein und auf sein Temperaturempfinden im besonderen: Er spürt die Kälte nimmer. Daheim erzählt er von zweistelligen Minusgraden, die sich im Hemd (Modell kanadischer Holzfäller) ertragen lassen, in Skandinavien trägt er dann zwar einen Schioverall, aber er friert tatsächlich nie. Damit er dennoch nicht als perfekter Reisender in die Geschichte unseres Clubs eingeht, bemüht er sich ständig, Gegenstände zu verlieren: Zuerst verschwand schon auf der Fähre der Reisepaß in der Jackentasche, aber nur kurz, die Tickets versteckten sich in loser Reihenfolge und tauchten ebenso unerwartet wie erhofft wieder auf. Das Etui des Video-Akkus lag morgens mitten auf dem Bett und wurde von einem Mitreisenden zweifelsfrei erkannt, die Taschenlampe versteckte Gü unter dem Kopfpolster vor sich selbst. Heute leuchtet vielleicht ein finnischer Hotelbesitzer damit. Wieder gefunden wurden hingegen die Handschuhe: Einer lag nach kurzer Fahrt noch immer auf dem Autodach, der zweite schon auf der Straße, wo er identifiziert, nicht jedoch überfahren wurde. Allein die Stiefel, die wir unter dem Bett der Fähre aufgriffen, hatte schon vorher jemand vergessen. (Sie fanden, obwohl leicht verhärmt, nach dem Heimkommen in Windeseile einen neuen Besitzer vor einem Mistkübel Favoritens.)
Und diese kaufen noch mehr, wenn die Reise zu Ende geht und die Verabschiedung der anderen Reiseteilnehmer genauso traurig war, wie sie bei der nettesten Reisegruppe überhaupt nur sein kann.
Peinliche Kaufbilanz diesmal: eine Weihnachtsmann-Mütze mit blinkendem Quastel, ein finnischer Topflappen mit Polarkreis-Stickerei, ein hölzerner Bieröffner mit original Elch-Gravur, zwei (man weiß ja nie, wie hart die Butter eines Tages wird) skandinavische Buttermesser aus feinem Holz, ein Elch-Sticker, ein ziemlich originelles, wenngleich touristisches T-Shirt sowie der herzigste Stoff-Hammel überhaupt.
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