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Author: Axel Polanschütz
5.4.9 Die bei Citroën erzeugten Automobiltypen der
Jahre 1919 - 1929
Dieser Abschnitt soll die verschiedenen Automobiltypen dieses
Zeitraumes erklären. Allerdings schränkte ich mich hier, wie auch
im Zeitraum 1929 - 1939, auf die Personenkraftwagen ein. Citroën hatte
bereits ab ca. 1920 leichte Lastkraftwagen, eigentlich Lieferwagen auf Basis
des Typ A im Programm. Dieser Prouktzweig wurde stetig ausgebaut, bis hin zu
schweren LkW in späteren Jahren. Ein Eingehen auf diesen Produktzweig würde
den Rahmen dieser Arbeit sprengen und war im Konzept auch nicht vorgesehen.
Eine gute Übersicht über die Produktionszeiten und
erzeugten Stückzahlen der einzelnen Modelle gibt auch die Tabelle im Anhang.
Citroën war auch an anderen Produkten als dem Automobil
interessiert. So ließ er von einem von Peugeot zu Citroën gewechselten
Ingenieur Fahrräder von Peugeot untersuchen und solche konstruieren. Obwohl
Citroën 1922 am Autosalon Fahrräder ausstellte, kam es zu keiner Produktion,
da André Citroën die Produktion von Fahrrädern zu wenig gewinnbringend
erschien.
Auch ein Traktor-Prototyp wurde um 1919 entwickelt. Traktoren wurden jedoch
bei einem anderen, bereits 1909 gegründeten Unternehmen, welches später
unter dem Namen la France firmierte, erzeugt.
In der Zeitschrift Citropolis recherchierte man allerdings, daß zwischen
Septemper 1919 und 1920 sehr wohl etwa 500 Citroën Traktoren entstanden
sind, diese aber nicht von Citroën selbst vertrieben wurden, sondern von
der Société Agricultural in Aubervilliers.
5.4.9.1 Typ A
Nachdem sich André Citroën gegen Ende des Ersten
Weltkrieges für den Bau eines günstigen Serienautos entschlossen hatte
und die Wahl auf die Konstruktion von Jules Salomon gefallen war, konnte man
bei Citroën mit dem Bau dieses Modells im Juni 1919 beginnen.
Am 7. Juli 1919 konnte der erste Kunde ein für den Verkauf
bestimmtes Exemplar übernehmen. Der Preis lag bei ca. 11.000 Francs, was
über dem von André Citroën angestrebten und anfangs veröffentlichten
Tarif von 7.950 Francs lag, womit das Auto allerdings noch immer günstiger
war, als die Wagen anderer Anbieter. Es war das erste europäische Auto,
welches in Großserie hergestellt wurde.
Automobiles Citroën
spricht ebenfalls vom ersten Großserienwagen Europas für jedermann
und führt weiter aus, daß der Wagen erstmals in Europa komplett mit
elektrischer Beleuchtung, elektrischem Anlasser, Dach und Reservereifen ausgestattet
war und auch das erste linksgesteuerte Auto Frankreichs war. Dieses Auto gab
es bereits von Anfang an in mehreren Karosserievarianten, so als drei- oder
viersitzigen, dreitürigen Torpédo (Vollkabriolett),
als drei- oder viersitzigen Conduite Intérieure (geschlossener
Aufbau) oder als Coupé de Ville ( geschlossener Fahrgastraum,
erste Reihe mit Fahrer- und Beifahrersitz offen).
Um den Wagen anläßlich des Pariser Automobilsalons
entsprechend präsentieren zu können, mietete André Citroën
von seinem Bekannten Ferdinand Charron eine Werkstatt an der Champs Elysees.
Charron wurde später übrigens Vertragshändler der Marke Citroën.
5.4.9.2 Citroën B2
Im Juni 1920 löste der Citroën B2 den Typ A ab. Der
B2 war etwas besser ausgestattet und mit einem geringfügig größeren
und stärkeren Motor ausgerüstet. Aufgrund der Robustheit und Sparsamkeit
konnte sich der B2 fünf Jahre lang im Programm halten und auch eine beachtliche
Verkaufszahl aufweisen.
Der B2 war eigentlich ein nur geringfügig veränderter
Typ A und ist für den Laien nur schwer von diesem zu unterscheiden. So
waren die unteren Türecken nun abgerundet, der Kühler etwas höher
und die Motorhaube horizontal und nicht mehr nach vorne abfallend. Neben den
Veränderungen am Motor ist noch eine größere Karosserievielfalt
erwähnenswert. Das Modellprgramm bestand aus vier verschiedenen Torpédos
einem Conduite Intérieure mit drei seitlichen Fensterflächen,
zwei Coupés de Ville, einem Landaulet (Coupé
de Ville mit Faltdach über dem Fahrgastraum) und einem dreitürigen
Conduite Intérieure, auch Coupé Docteur
genannt.
5.4.9.3 Citroën 5 CV
Der Citroën 5 CV, ein populärer Kleinwagen, von Jules
Salomon entwickelt, wurde im Oktober 1921 am Pariser Automobilsalon der Öffentlichkeit
präsentiert. Produziert und verkauft wurde der Wagen allerdings erst ab
Mai 1922, in der ehemaligen Fabriksanlage des Autoherstellers Clément-Bayard.
Bis zum Salon im Jahr 1922 war der Wagen ausschließlich
als zweisitziger Torpédo in gelber Lackierung erhältlich. Im Jahr
1923 konnte ein dritter Sitz bestellt werden und ab 1924 gab es den Wagen serienmäßig
mit drei Sitzplätzen, wofür auch der Radstand etwas vergrößert
wurde.
Man unterscheidet drei verschiedene Typen, welche einander ablösten. Der
Typ C, wie dieses Fabrikat noch bezeichnet wurde, war das Grundmodell. Der Typ
C2, mit kräftigerem Chassis und besserer Ausstattung war die zweite Serie,
welche schließlich vom oben erwähnten dreisitzigen C3 abgelöst
wurde.
Der erfolgreiche 5 CV, 5 HP oder Typ C, wurde von Opel in allen Einzelheiten
ohne Lizenz nachgebaut. Citroën strengte langwierige Prozesse gegen Opel
und deren Typ C-Pendent, den Opel-Laubfrosch, an, welche jedoch
mit einer Abweisung der Klage endeten.
Insgesamt wurden bis Mai 1926 von dieser Baureihe 80.759
Exemplare hergestellt, womit dieser Wagen einer der erfolgreichsten Citroën
der Zwischenkriegszeit wurde.
5.4.9.4 Citroën B10
Im Oktober 1924 präsentierte Citroën am Automobilsalon
eine große Neuheit für die europäischen Kunden. Den Citroën
B10, welcher erstmals nach der Ganzstahl-Bauweise hergestellt wurde. Dieses
amerikanische Patent ermöglichte es erstmals, viertürige geschlossene
Karosserien herzustellen, wofür die bisherigen Holzkonstruktionen nicht
die nötige Verwindungssteifigkeit besaßen.
Der B10 war laut Sabatès lediglich eine geringfügig
veränderte Weiterentwicklung des Vorgängers B2 und beruhte auf dessen
Chassis und Mechanik. Das B2 Chassis war den Anforderungen der rund 200 Kilogramm
schwereren Blechkarosserie jedoch nicht gewachsen, wodurch Probleme mit selbstöffnenden
Türen oder Rissen im Blech entstanden. Der lediglich in zwei Karosserievarianten
erhältliche B10 (Torpédo - viersitziges, viertüriges
Kabriolett und Conduite Intérieure - geschlossene viertürige
Limousine) wurde aufgrund der aufgetretenen Probleme vom inzwischen in das Unternehmen
eingetretenen Konstrukteur Adolphe Kégresse überarbeitet. Das Ergebnis
dieser Bemühungen war der B12, welcher bereits nur ein Jahr nach dem B10
auf den Markt kam.
5.4.9.5 Citroën B12
Der Citroën B12 war die Weiterentwicklung des B10 und wurde
im Oktober 1925 dem Publikum vorgestellt. Mit einem verstärkten Chassis,
erstmals Bremsen an allen vier Rädern und serienmäßigen Scheibenwischern
ausgestattet, war die Baureihe in verschiedenen Karosserievarianten erhältlich.
So waren verschieden ausgestattete Torpédos, Conduites
Intérieures, Landaulets de Ville, Coupés
de Ville und Cabriolets erhältlich.
5.4.9.6 Citroën B14
Ab Oktober 1926 wurde der Citroën B14 angeboten. Ein optisch,
wie technisch völlig überarbeiteter Wagen. Mit einem leichteren Chassis,
einem größeren Motor, verbesserter Federung sowie Bremsen ausgestattet,
wurde diese Modellreihe zwei Jahre lang mit ständigen Verbesserungen gebaut.
Das Chassis war erstmals deutlich niedriger und die Karosserie wies eine deutlich
modernere und elegantere Linienführung auf.
Durch die verschiedenen technischen und optischen Veränderungen
während der zweijährigen Bauzeit, erhielt der B14 zahlreiche Zusatzbezeichnungen
wie B14 F oder B14 G, auf welche ich hier jedoch nicht
näher eingehe, da diese nicht der Gegenstand dieser Arbeit sind.
Wie seine Vorgänger war der B14 in zahlreichen Karosserievarianten
erhältlich, wie Conduite Intérieure, Coupé
de Ville, Torpédo, Torpédo Cabriolet 3
places, als Torpédo Cabriolet (zweisitzig mit zusätzlicher
Sitzgelegenheit in der außenliegenden Heckklappe), oder als Coach
(zweitüriger viersitziger Aufbau).
5.4.9.7 Citroën AC4 und C6
Im Oktober 1928 wurde abermals eine neue Modellreihe präsentiert.
Die Anfangs AC4, später nur C4 genannten Modelle waren mit einem Vierzylindermotor,
die C6 Reihe mit einem Sechszylinderaggregat ausgestattet. Die C4/C6 Reihe war
neuerlich kompakter und eleganter gestaltet. Technisch war die C4 Reihe mit
einem um 30 % stärkeren Motor als das Vorgängermodell B14 und einem
verbesserten Chassis ausgestattet. Wiederum waren die verschiedensten Karosserievarianten
im Programm. Als Reaktion auf die Weltwirtschaftskrise lanzierte man 1931 eine
spartanischer ausgerüstete Version, welche zu einem äußerst
günstigen Preis angeboten wurde.
Die größeren C6 Modelle wurden hauptsächlich
entwickelt, um am Weltmarkt den amerikanischen Herstellern ein entsprechendes
Sechszylinder-Modell entgegenstellen zu können.
Die C6 Modelle sind äußerlich vor allem durch die Bezeichnung Six
am Kühler, oder die Zahl 6 an einem der hinteren Kotflügel
von den Vierzylinder-Modellen zu unterscheiden.
5.4.9.8 Weitere Entwicklungen dieser Periode
Eine der wichtigsten Entwicklungen dieser Periode war das Citroën
Halbkettenfahrzeug, welches den Einsatz von Automobilen unter schwierigsten
Bedingungen ermöglichte.
Im Jahr 1920 erwarb André Citroën ein Patent des
französischen Konstrukteurs Adolphe Kégresse, welches ihm die Erzeugung
von Kettenfahrzeugen ermöglichte. Eine Technik, welche vor allem für
schwere Fahrzeuge und militärisches Gerät gedacht war.
Die Arbeiten an dieser Antriebstechnik begannen in den Werkstätten
des russischen Zaren, für welchen Adolphe Kégresse während
des Ersten Weltkrieges tätig war.
André Citroën bot Kégresse die Gründung
eines Unternehmens zusammen mit Jaques Hinstin an. (Hinstin erzeugte nach dem
Krieg kurze Zeit selbst Automobile) Die Zentrale der Firma Autochenille
Citroën-Hinstin-Kégresse war zuerst in Levallois in der Karosseriefabrik
von Léon Auscher untergebracht. Nachdem diese Firma eine Filiale der
SAAC wurde, zog man in die rue Balard in den 15. Pariser Bezirk um.
Anfangs galt es Märkte für diese neuartigen Produkte
zu erschließen, wodurch man sich um Kontakte in Erdölgebiete Polens,
nach China und bis nach Amerika, wo Citroën und Kégresse gemeinsam
Vorträge hielten, bemühte.
Im Januar 1921 lief in meinem Werk erstmals die Fertigung
von Fahrzeugen mit Geländeausrüstung an, die für die Fahrt abseits
von Straßen auf unterschiedlichem Terrain geeignet waren.
Sei den ersten Versuchen gab es keine Zweifel mehr: das Problem
der Fortbewegung im Schnee und Sand war durch die Kettenfahrzeuge gelöst.
Ich möchte an dieser Stelle nochmals dem großen Ingenieur und Erfinder
der Kettenfahrzeuge Adolphe Kégresse meinem Dank aussprechen, der einmal
mehr bewiesen hat, was französischer Erfindergeist zu leisten imstande
ist.
Citroën führte mit diesen Halbkettenfahrzeugen drei
große Expeditionen durch, was neben Werbung für das Unternehmen auch
die Qualitäten dieser Fahrzeuge hervorhob. Daneben unternahmen auch zahlreiche
Privatiers, wie etwa Charles Bedaux (Initiator der Bedaux-Einheiten zur Arbeitsrationalisierung),
Expeditionen, welche aber oftmals weniger erfolgreich verliefen.
Neben diesen Einsatzgebieten kamen diese Fahrzeuge vor allem
beim Militär und in Wintergebieten zum Einsatz. So gelangten einige dieser
Fahrzeuge auch nach Bayern und in die Schweiz. Auch nach Österreich gelangten
einige Fahrzeuge: In Tirol passierten sie den Tauernpaß, der bis
dahin während der schlechten Jahreszeit als unpassierbar galt. Die Postämter
Österreichs bestellten daraufhin gleich mehrere Fahrzeuge zur Zustellung
der Post im Gebirge. Die Postämter der Schweiz folgten dem österreichischen
Beispiel.
vgl. SCHWEITZER, 1992, S. 77 f
vgl. CITROPOLIS, 1996, No 1, S. 50 ff
vgl. WOLGENSINGER, 1996, S. 170
vgl. AUTOMOBILES CITROËN, 1996, S. 3
vgl. AUTOMOBILES CITROËN, 1996, S. 2
vgl. SCHWEITZER, 1992, S. 106
vgl. AUTOMOBILES CITROËN, 1996, S. 5
vgl. WOLGENSINGER, 1996, S. 170
vgl. SABATÈS, 1992 b), S. 16 und WOLGENSINGER, 1996, S. 171
vgl. WOLGENSINGER, 1996, S. 171
vgl. AUTOMOBILES CITROËN, 1996, S. 64
vgl. MIKOWEIT, 1991, S. 17 f
vgl. WOLGENSINGER, 1996, S. 171 f
vgl. SABATÈS, 1995 a), S. 46 f
vgl. SABATÈS, 1995 a), S. 48
vgl. WOLGENSINGER, 1996, S. 172
vgl. SABATÈS, 1995 a), S. 55
vgl. WOLGENSINGER, 1996, S. 172 f
vgl. SCHWEITZER, 1992, S. 155 f
vgl. SCHWEITZER, 1992, S. 158 f
CITROËN in: Baschet 1979, S. 11
WOLGENSINGER, 1992, S. 147
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