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Author: Axel Polanschütz
4 Die Entwicklungen während des Ersten Weltkrieges
4.1 Frankreichs Rüstungsindustrie während
des 1. Weltkrieges
Der Erste Weltkrieg hat die Industriestruktur Frankreichs
grundlegend verändert. Es stellten sich Ressourcenprobleme und auch Probleme
des finanziellen Gleichgewichts. Frankreich produzierte weder Ammoniak, noch
Salpetersäure, Produkte, die für die Waffenproduktion unerläßlich
waren.
In Frankreich war man sowohl politisch, als auch wirtschaftlich
nicht auf einen lang dauernden Krieg eingestellt.
Die allgemeine Mobilisierung verringerte auch die industrielle Produktion
in Frankreich. Lediglich staatliche Betriebe und große Unternehmen, die
der Kriegspolitik nützlich waren, blieben voll in Betrieb.
Ein weiteres Problem für Frankreich war in den ersten
Kriegswochen die hohe Arbeitslosigkeit. Aufgrund der steigenden Rüstungsgüter-Produktion
konnte diese aber weitgehend behoben werden. Vor allem Frauen, Jugendliche und
Kriegsgefangene sollten zunehmend die fehlenden Männer in der Industrie
ersetzen. Ab Anfang 1917 beschäftigte die Industrie im Durchschnitt wieder
ungefähr so viele Arbeiter wie vor Kriegsausbruch, allerdings viele mit
geringeren Qualifikationen.
So wurde dem französischen Oberkommando vorgeworfen,
die Bedeutung der Schwerindustrie für die Kriegsführung nicht erkannt
zu haben, denn bereits im August 1914 wurde das lothringische Industriegebiet
um Briey besetzt. Als sich im November 1914 nach der Marneschlacht die Frontlinie
stabilisierte, führte diese mitten durch das nordfranzösische Industriegebiet.
Obwohl das besetzte Gebiet nur ca. 6 % des gesamten Territoriums ausmachte,
war die Schwerindustrie stark getroffen. 64 % der Roheisenproduktion, 58 % der
Stahlproduktion und 49 % der Kohleförderung kamen vor dem Krieg aus der
besetzten Region, was die angespannte industrielle Situation noch verschärfte.
Der Krieg brachte neue Industriesektoren hervor, wie die
Produktion von Treibstoffen und die verstärkte Produktion und Weiterentwicklung
von Automobilen und Flugzeugen sowie Kriegsmaterial.
Man entwickelte und führte neue Produktionsmethoden ein, wie die
Serienfertigung und orientierte sich am Taylorismus.
Die Knappheit an Rüstungsgütern veranlaßte
die Regierung im September 1914 die Rüstungspolitik umzustrukturieren.
Vor dem Krieg produzierten hauptsächlich staatliche Unternehmen Kriegsmaterial,
Granaten z.B. kamen ausschließlich aus solchen. Es sollten nunmehr auch
geeignete Privatunternehmer mit dieser Aufgabe betraut werden. Im September
und Oktober bereitete man in Konferenzen mit Vertretern von privaten Stahlindustrieunternehmen
und Chemiefabriken die wirtschaftliche Mobilisierung vor.
Man ging in drei Phasen vor: Zuerst wurde, um möglichst
rasch für Nachschub zu sorgen, jeder nur irgendwie geeignete Betrieb herangezogen.
Vom Frühjahr 1915 an, wurde die Produktion allmählich auf leistungsfähigere
Großbetriebe konzentriert. Schließlich wurden ab 1917 einige spezielle
Rüstungsfabriken neu gebaut.
Zur gleichen Zeit wie Citroën konnten aufgrund der
Mängel auch andere Hersteller aktiv werden. Renault erzeugte in Billancourt
die Marne Taxis und die anfangs von hohen Militärs abgelehnten Panzerwagen
FT 17, Berliet produzierte in der Nähe von Verdun LKW, in Montbéliard
stellte Peugeot 6 Millionen Granaten, 2.000 Motoren für Panzerwagen, 10.000
Flugzeugmotoren und 6.000 LKW her.
Die Umsätze stiegen bei Renault von 88 Millionen Francs im Jahr 1914 auf
378 Millionen im Jahr 1918, hauptsächlich durch die staatlichen Bestellungen.
Die Gewinne hingegen konnte man nicht in diesem Ausmaß steigern, allerdings
vergrößerte sich das gebundene Kapital um das 3,8 fache.
Abgesehen von diesen profitierenden Sektoren wurde die
Wirtschaft Frankreichs stark geschwächt. Die folgende Auflistung einiger
Sektoren verdeutlicht das Absinken einiger industrieller Sparten im Jahr 1919.
Die Basis für diese Indizes ist das Jahr 1913.
Gesamtindex
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57
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Bauwirtschaft
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16
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Mechanische Industrie
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58
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Leder
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102
|
Metallindustrie
|
29
|
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Kautschuk
|
305
|
Textil
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60
|
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Papier
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51
|
Bergbau
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44
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|
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Quelle: vgl. Histoire Economique et sociale de la France, 1980,
S. 636
4.2 Die Entwicklung der Fa. Citroën während des
1. Weltkrieges
Bei Ausbruch des 1. Weltkrieges quittierte André
Citroën seine Stellung bei Mors und wurde zum Militärdienst eingezogen.
Als Artillerieoffizier waren die relativ geringen Produktionskapazitäten
der französischen Rüstungsfirmen bzw. die Tatsache, daß diese
nicht auf eine derartige Materialschlacht eingestellt waren, für André
Citroën offensichtlich.
Er verfaßte aufgrund der geänderten Rüstungspolitik
der Regierung, zu diesem Problem ein Dossier und leitete es dem Generalstab
zu. Daraufhin wurde André Citroën nach Paris beordert. Zur gleichen
Zeit kontaktierte er General Bacquet, den Chef der französischen Artillerie.
General Louis Henry Baquet wurde am 25. Juni 1858 in Sedan geboren.
Als ausgezeichneter Techniker konstruierte bzw. verbesserte er zahlreiche Waffensysteme,
hauptsächlich Kanonen. Nach einer abwechslungsreichen Militärkarriere
steht er bei Ausbruch des Krieges an der Spitze der 53. Infanteriebrigade. Aufgrund
seiner guten Erfahrungen auf dem Waffensektor wird er im November 1914 von der
Front abgezogen, um sich um die Intensivierung der Produktion von 75 mm Granaten
zu kümmern. Im November 1914 hatte die französische Armee täglich
lediglich 18.000 Granaten zur Verfügung, das waren ca. 4 bis 5 pro Kanone.
Auch Hardach
schreibt von diesem eklatanten Mangel an Munition: Von der fünfundsiebziger
Granate, dem Standardgeschoß der Feldartillerie, wurden 14000 Stück
täglich produziert, als einzelne Batterien bereits bis zu 1000 Granaten
täglich verschossen; die militärische Führung verlangte im September
einen Nachschub von 100000 Granaten täglich.
Sabatès
entdeckte bei seinen Recherchen über André Citroën einen Text
vom 10. März 1918, indem Baquet über sein Treffen mit Citroën
und die Folgen daraus berichtet. Demnach war es Baquet selbst, der Citroën
wegen dieser Knappheit ansprach. Einige andere Quellen sprechen davon, daß
Citroën von sich aus den Vorschlag machte, Granaten zu produzieren.
Baquet berichtet von einem Pariser Industriellen und Direktor
eines großen metallverarbeitenden Unternehmens, der sich für die,
wegen der bevorstehenden Umstrukturierungen, vom Ministerium ausgeschriebene,
tägliche Produktion von 1.000 Granaten, bewarb. Nach eingehendem Gespräch
und Vorstellung der gewünschten, allerdings schwierig herzustellenden Shrapnell-Granaten,
versprach dieser, innerhalb von 3 - 4 Monaten 5.000 bis 10.000 Granaten täglich
zu produzieren. Die Fabrikshallen, die der Industrielle bereits besaß
waren für diesen Zweck jedoch nicht ausreichend. Er mußte also eine
neue Fabrik bauen. Am 10. Februar 1915 wurde ein Liefervertrag über 1 Million
Granaten abgeschlossen, zu einem für das Ministerium riskanten Preis. Auch
Hardach schreibt dazu, daß viele Prioritäten für die Produktion
durch informelle Absprachen gesetzt wurden, sowie von einer großzügigen
Preispolitik der Regierung.
Nach einigen Schwierigkeiten, ein geeignetes Terrain zu finden, konnte erst
am 17. März mit dem Neubau begonnen werden und schon am 15. Juni konnte
die Granaten-Fabrikation anlaufen. Bereits am 16. August betrug die Tagesproduktion
2.000 Stück, 5.000 am 20. September und am 29. September bereits 10.000.
Aufgrund der hervorragenden Produktionsmethoden gingen auch Aufträge von
den Alliierten ein. Bedingt durch diese Bestellungen und die Weiterentwicklung
des Produktionsablaufs, konnte die Tagesproduktion bis Ende 1917 auf 51.000
Stück gesteigert werden. Zu den bis 1917 produzierten 10,5 Millionen Shrapnells
kamen noch rund 3,6 Mio Granatenhülsen für andere Hersteller.
Baquet, zum Kommandanten der französischen Ehrenlegion
ernannt, der somit den Weg von André Citroën mitgestaltete, verstarb
am 2. 12. 1923 in Grenoble im Alter von 65 Jahren.
Das neue Citroën Werk wurde am Gelände der alten
Acieries de France und angrenzenden brachliegenden Gründstücken
am Quai de Javel in Paris errichtet. Die Fabrik wurde komplett neu errichtet.
Es existieren zwei Fotos, eines vom 28. Mai 1915, auf welchem noch die alten
Fabriksgebäude zu sehen sind, und eines vom 28. September 1915, welches
bereits die Herstellung der Granaten zeigt.
Um 1917 wurden die Fabriken Gutenberg und Saint-Charles errichtet,
welche sich in der unmittelbaren Umgebung befanden und wo in den 20er Jahren
Automobilteile gefertigt wurden.
Ohne seine Freunde und Verwandten wäre es auch dieses
Mal nicht möglich gewesen, das nötige Kapital aufzubringen bzw. die
Ideen zu verwirklichen. Hugues Citroën war ab 1915 Personalchef in Javel,
1918 wechselte er in die Beschaffungsabteilung. Charles Manheimer (Manheimer
war 1910 bereits in der Leitung von Mors tätig, und war letztendlich bis
1935 bei Citroën)
ersetzte ihn, nachdem er seit 1915 Produktionschef war. Paul Vavon, den Citroën
von Mors her kannte, übernahm im März 1916 die Maschinenabteilung
und leitete gleichzeitig eine italienische Bettzeugfabrik, welche natürlich
auch vom Krieg profitieren konnte.
Bis zum Waffenstillstand am 11. November 1918 verließen
über 24 Millionen Granaten das Citroën-Werk, die Tagesproduktion erhöhte
sich bis auf 53.600 Stück (April 1918).
4.2.1 Die Umstellung der Produktion auf zivile Produkte
Die Produktion von Waffen verhalf einigen Industriellen
zu den nötigen Mitteln, um nach Kriegsende in der zivilen Produktion tätig
zu werden. So auch André Citroën, welcher durch den unternehmerischen
Erfolg der letzten drei Jahre auf eine glänzende Zukunft hoffen durfte.
Bis 1919 war er praktisch unbekannt, verglichen mit den Gebrüdern Renault
oder Peugeot bzw. anderen renommierten Herstellern wie De Dion oder Panhard,
welche schon vor dem ersten Weltkrieg erfolgreich Automobile erzeugten. Das
sollte sich jedoch ändern und Citroën stieg in relativ kurzer Zeit
zum erfolgreichsten europäischen Autofabrikanten auf.
Nachdem André Citroën nun Fabrikshallen besaß
und er bei Mors schon gute Erfahrungen am Autosektor sammeln konnte, fiel die
Wahl, welches Produkt nach Kriegsende erzeugt werden sollte, nicht schwer. Als
der Krieg zu Ende zu gehen schien, standen zwei Varianten des Zivilproduktes
zur Auswahl. Ein einfaches Auto von Jules Salomon entwickelt und ein Luxuswagen
der Herren Artault und Dufresne
Ein Freund André Citroën`s, Léon Morane,
stellte den Kontakt zu den Konstrukteuren Artault und Dufresne her.
Léon und Robert Morane, begeisterte Flieger, gründeten
1910 ihre eigene Firma. Robert kümmerte sich aktiv um ihr Unternehmen,
Léon hingegen, war auf der Suche nach erfolgversprechenden Projekten
für die Zeit nach Kriegsende, da er, wie auch andere Flugzeughersteller
(Gabriel Voisin), ein Einbrechen des Marktes nach Kriegsende befürchtete.
Artault, der eine Lizenz für einen Knight-Motor ohne Ventile
besaß, tat sich mit Dufresne zusammen, der ein Projekt mit Knight-Motor
bei Panhard ausschlug. Gemeinsam suchten sie einen Industriellen, welcher ihr
Auto fertigen könnte. Léon Morane ließ sich von ihrem Konzept
überzeugen und versuchte auch André Citroën dafür zu begeistern,
welcher ja über die nötigen Mittel verfügte.
André Citroën war sich zu dieser Zeit 1917/1918
noch nicht im klaren darüber, für welchen Autotyp er sich entscheiden
sollte.
Léon Morane finanzierte das Projekt einstweilen,
kam jedoch kurz vor Kriegsende in einem Luftkampf ums Leben.
Sein Bruder weigerte sich wie auch schon vorher, für
dieses Projekt aufzukommen und André Citroën entschied sich mittlerweile
für das einfache Automobil und war somit auch nicht mehr interessiert.
Nachdem sechs Prototypen gefertigt worden waren, beteiligte
sich schließlich Gabriel Voisin an dieser Idee. Voisin kaufte diesen M
1 genannten Wagen, welcher 1919 mit einigen Modifikationen als Voisin
M 1 auf den Markt kam.
Autos, die der zweiten Variante entsprachen, fielen André
Citroën bereits am Automobilsalon im Jahr 1913 auf. Dort wurde ein ca.
3 Meter langer Kleinwagen namens Bébé unter dem Markennamen Lion
- Peugeot präsentiert. Dieser Wagen wurde vom damals noch unbekannten
Ettore Bugatti entworfen.
Ein weiterer interessanter Wagen war ein Le Zèbre,
ein zweisitziger Torpedo mit Vierzylindermotor. Konstruiert wurde dieser Wagen,
von welchem ca. 6.000 Stück produziert wurden, von Jules Salomon. Im Februar
1917 lernte André Citroën Jules Salomon kennen.
Der Konstrukteur des Citroën Typ A konnte zu dieser
Zeit bereits auf große Erfahrungen im Automobilbau zurückblicken.
Jean Marie Jules Salomon wurde am 1. Februar 1873 in Cahors
geboren. Nachdem er in der Ecole Nationale d`Arts et Métiers abgewiesen
wurde, genoß er seine technische Ausbildung in der Ecole de Commerce et
d`Industrie de Bordeaux. Nach verschiedenen teilweise sehr kurzen Arbeitsverhältnissen
im Motoren- und Automobilbereich gelangte er 1902 zum Automobilhersteller Georges-Richard-UNIC.
Dort machte Salomon die Bekanntschaft mit Jacques Bizet,
Sohn des Komponisten Georges Bizet, welcher Freund und Generalrepräsentant
von Georges Richard war.
Mit der finanziellen Unterstützung von Jacques Bizet
konstruierte und baute Salomon zwei Prototypen eines etwa 3.000 Francs teuren
Kleinwagens, zu einer Zeit als ein normales Automobil 10.000 bis 12.000 Francs
kostete.
Die ersten händisch gebauten einzylindrigen Wagen
die aus der Zusammenarbeit von Bizet und Salomon entstanden, wurden ab 1909
bei UNIC montiert. Bis 1911 wurden zahlreiche Wagen unter dem Markennamen "Bizet"
oder "J. Bizet" oder "Bizet Constructeur" gebaut, um Mitte
1911 in die Firma "société anonyme Le Zèbre"
umbenannt zu werden.
Gegen Ende des Ersten Weltkrieges schied Salomon aus der
Firma Le Zèbre aus und knüpfte durch Herrn Nieder, ein Repräsentant
der aciéres Jacob Holzer erste Kontakte zu André Citroën.
Während bei Citroën unter der Leitung von M. Dufresne an der Entwicklung
eines Luxuswagens gearbeitet wurde, beauftragte André Citroën Jules
Salomon mit der Entwicklung eines Kleinwagens. Exakt im Februar 1917 orderte
Citroën während eines 10minütigen Gesprächs die Pläne
für einen kleinen Großserienwagen. Nach "Schram" war das
Projekt nach fünf Monaten zur Vorlage fertig. Daraufhin beschloß
André Citroën die Fertigung des Prototyps nach den Plänen Salomons,
ohne bereits entschieden zu haben, ob er den Kleinwagen oder den Luxuswagen
bauen sollte.
In der Zwischenzeit trat Salomon bei Charron ein, der
mit der Reparatur von Armee-Fahrzeugen beschäftigt war. Da diese Beschäftigung
nicht mit der Entwicklung eines Automobils vereinbar war, beendete Salomon sein
Arbetisverhätlnis bei Charron und begann am 14. Juli 1917 seinen Dienst
am Quai de Javel.
Gegen Ende 1918 war die definitive Entscheidung, das von
Salomon entwickelte Auto zu produzieren, gefallen. Das Automobil von Dufresne
kam bei Citroën nicht über das Entwicklungsstadium hinaus. Der Citroën
Typ A war von zahlreichen "Le Zèbre" Elementen beeinflußt,
bzw. basierte auf Salomons Entwicklungen für Le Zèbre.
Erst 1925 quittierte Salomon seinen Dienst bei Citroën
und wechselte ab 1926 zu Peugeot, von wo er 1928 zu Rosengart ging, um auch
dort an Kleinwagen zu arbeiten.
André Citroën entschied sich für das
Konzept von Salomon, welches sich dafür wesentlich besser eignete, um erschwingliche
Automobile in Großserie zu produzieren.
Neben neuerlichen Problemen um die Finanzierung des Umbaues
der Werkshallen kam es auch zu politischen Problemen. Die politische Führung
Frankreichs beschäftigte sich nach Kriegsende intensiv mit den teilweise
sehr hohen Gewinnen der Unternehmer, welche für den Staat produzierten.
4.2.2 Die Kriegsproduktion bei Citroën
Um die Granaten zu erzeugen, gab es zwei Methoden. Jene
bei der die Granatenhülsen auf Drehbänken erzeugt wurden, eine Methode,
die aus der Autoproduktion bekannt war, und die Herstellung mittels Pressen,
eine, die Arbeitsschritte betreffend, einfachere, aber wegen der notwendigen
großen Pressen auch aufwendigere Produktion. André Citroën
entschied sich für die zweite Art. Ein Teil der Anlagen wurde in Frankreich
gekauft, bei Unternehmen, zu welchen Citroën guten Kontakt hatte. Die Zahnradfabrik
stellte die Pressen her und Mors Werkzeugmaschinen. Der Rest kam aus dem Ausland,
wobei allerdings Deutschland ausgeschlossen war. Anfangs gab es noch einige
Probleme mit der Qualität der zugelieferten Materialien, aber auch der
geographischen Lage einiger Zulieferer.
Als die französische Regierung 1914/1915 die Produktion
steigern wollte, wurde bereits auf Arbeitsteilung und Spezialisierung gesetzt.
Die Gewehrfabrikation z.B. wurde 1915 auf verschiedene Betriebe verteilt,
die sich jeweils auf einzelne Teile spezialisierten; die staatliche Manufaktur
von Saint-Etienne setzte nur noch die Einzelteile zusammen.
Citroën hat hier eine Vorreiterrolle inne, da er in seinem neu errichteten
Werk bereits auf die Arbeitsteilung Rücksicht nahm und den gesamten Produktionsprozeß
in eine Fabrik integrierte, anstatt diese wie die Regierung auf mehrere Anlagen
aufzuteilen.
Im Gegensatz zu seinen Konkurrenten, wie Peugeot oder Renault,
welche eine stark diversifizierende Produktpolitik verfolgten, setzte Citroën
auf die Serienfertigung eines einzigen, standardisierten Produktes, die 75 mm
Shrapnell-Granate.
Die Shrapnell-Granaten wurden in Sektoren produziert. Eine
Methode, die sich bereits nahe an der Fließbandarbeit orientierte. Citroën
wußte bereits von dieser Art, die Arbeit zu organisieren.
Als er jedoch im Jahr 1912 Ford in Detroit besuchte, hatte
dieser die Fließbandfertigung noch nicht installiert. Die Fertigung erfolgte
in methodischer Gliederung der aufeinanderfolgenden Arbeitsgänge, denen
jeweils soviele Maschinen zugeordnet waren, daß alle Gruppen mit gleicher
Geschwindigkeit arbeiteten.
Zuerst wurden Stahlstangen in Rohlinge geschnitten, um
dann mittels 24 großer Pressen in heißem Zustand tiefgezogen zu
werden. Danach wurden sie entfettet und gewaschen. Anschließend kamen
sie in die Endfertigung, zum Drehen, Gewindeschneiden und Aufpressen eines Kupfer-Führungsringes.
In anderen Abteilungen wurden die Geschoßspitzen, Zündschrauben,
Füllungen und die restlichen Teile hergestellt, um schließlich in
der Endfertigung zusammengefügt zu werden. Bevor sie das Werk verließen,
wurden die Granaten noch einer Qualitätskontrolle unterzogen. Insgesamt
waren für die Herstellung eines Geschosses 39 Operationen erforderlich,
18 für den Geschoßkörper und 21 für die 7 restlichen Bestandteile.
Für den Transport zwischen den Maschinen wurden automatische
Fördersysteme eingesetzt. Teilweise unterirdisch, oder mittels elektrischer
Hub-, bzw. Überkopfförderer mit Elektroantrieb. Maschinen, wie z.B.
Drehmaschinen, wurden per Transmissionen von der Decke aus angetrieben. All
diese Arbeitsgänge waren so angeordnet bzw. geplant, daß sie problemlos
von ungelernten Arbeiterinnen durchgeführt werden konnten. Auf originalen
Fotos sind überwiegend Frauen zu sehen. Damals wurde auch schon der Arbeitsschutz
ernst genommen, was Arbeiterinnen an Maschinen mit Kopfbedeckungen zum Schutz
der Haare beweisen.
Das für Citroën richtungsweisendste Produkt war
sicherlich der Typ A, das erste Automobil, welches den Namen Citroën
und das Doppelwinkel-Emblem, welches von den winkelverzahnten Zahnrädern
abgeleitet wurde, trug.
Obwohl der Typ A erst 1919 auf den Markt kam, wurde einer
der Prototypen bereits am 20. November 1918 dem Service des Mines,
was den österreichischen Ämtern der Landesregierungen entspricht,
vorgestellt und die Abnahme beantragt.
Der Wagen wurde mit selbigem Datum in Paris genehmigt.
Sabatès veröffentlichte in seinem Werk Le Catalogue Citroën
1918 - 1960 dazu die Originaldokumente.
vgl. Histoire Economique et sociale de la France, Tome IV, 1980, S. 633
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