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Text:
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Hannes Häusler |
Fotos: |
Citroën |
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Samstag, 6. Dezember 2003, frühnachmittags. Was da so einen
Höllenlärm macht, sind nicht die Krampusse, sondern der 2CV 4x4 Sahara,
Fahrgestellnummer 0241. Nach
mehrmaligem Drücken auf den rechten Starterknopf hüllt der vordere
425 ccm 2-Zylinder-Motor den Hof in eine nach Petroleum riechende Nebelwolke
- als wenn wir um diese Jahreszeit nicht schon genug Nebel hätten. Die
Betätigung des linken Starterknopfes wird mit einem zögerlichen Starterdrehgeräusch
beantwortet, der vordere Motor heult unterdessen mit jedem leichten Wippen des
Gasfußes, der die hintere Maschine zum Anspringen bewegen sollte, kurz
auf - vergebens. Das lange Kabel von der Batterie vorne unter der Motorhaube
bis zum Starter hinten bietet offenbar einen zu hohen elektrischen Widerstand,
sodass der rückwärtige Starter nur widerwillig seinen Dienst versehen
möchte. Macht aber nix. Wir legen einen Hebel, der seitlich aus dem Gussgehäuse
zwischen dem Fahrer- und dem Beifahrerfußraum ragt, um, schalten dann
in den ersten Gang und setzen uns langsam mit 12 PS und Vorderradantrieb in
Bewegung. Langsam deshalb, weil 12 PS für 735 kg leere Masse ein Wahnsinns-Leistungsgewicht
ergeben. Beim Schalten vom ersten in den zweiten Gang machen wir beim Leerlauf
eine kleine Pause, legen den seitlichen Hebel erneut um, knüppeln in den
zweiten Gang und lassen die
Kupplung ganz langsam mit relativ viel Gas kommen. Der Sahara macht einen kleinen
Hüftknick, ein kurzes Quietschen der Hinterräder ist zu hören,
und plötzlich schiebt eine unbändige, nicht zu überhörende
Kraft nach vorne. Wir haben den Heckmotor angeschleppt, und der läuft jetzt
auch.
4-Zylinder, 850 ccm und 24 PS beflügeln nun unseren noch immer nach altem
Benzin und Öl riechenden Enterich. Stimmt schon so: "Die" Ente,
aber "der" Sahara - ein so ungehobelter Ableger der Entenfamilie muss
wohl männlich sein!
Zur Geschichte:
In den 50er-Jahren war Allradantrieb noch eine Domäne von schweren, zumeist
auf LKW-Plattformen stehenden Fahrzeugen. Citroën, damals vor Innovativität
strotzend (1955 wurde die DS mit hydropneumatischer Federung und hydrauisch
geschaltetem, halbautomatischem Getriebe, wie das heutige Senso-Drive oder die
Tip-Tronic, vorgestellt), bekam Kenntnis von einem von Herrn Bonnafous aus Savoyen
selbstgebauten Bimotor-2CV, der ein erstaunliches Fahrverhalten an den Tag legte.
Am 12. Juni 1957 übergab Bonnafous sein Auto
mit weit über 100.000 km am Tacho den Citroën-Ingenieuren, die sofort
mit der Entwicklung eines solchen Serienfahrzeuges begannen. In einem Communiquè
vom 4. März 1958 wurden Motorjournalisten für den 7. März in
das "Mer de Sable", einer kleinen Wüste aus feinstem Sand bei
Ermenonville, eingeladen, wo ihnen der erste Prototyp, gefertigt im Panhard-Werk,
vorgestellt wurde. Äußerlich fielen an dieser Ente nur die breiteren
Reifen, entliehen vom früheren Modell 11CV Traction Avant und der immer
wieder leicht geöffnete Heckdeckel auf, denn dieser hatte noch nicht die
spätere Öffnung für die Kühlluftzufuhr. Zwei weitere Prototypen,
beide noch ohne Tankeinfüllöffnungen in den Türen und verschiedenen
Heckleuchten, werden 1958 bzw. 1959 gebaut Am 9. September 1958 feiert der 2CV
Sahara 4x4 seine offizielles Debüt beim Pariser Automobilsalon.
Die Produktion beginnt erst im Dezember 1960, 20 Stück werden in diesem
Jahr noch gebaut aber nicht mehr ausgeliefert, 1961 sind es schon 274 Stück,
unter anderem auch die Nummer 0241. 1962, nach der Unabhängigkeit Algeriens,
wird der Sahara offiziell nur noch unter dem Namen 2CV 4x4 vertrieben. Ab Herbst
1964 halten vorne angeschlagene Türen, das "neue" hellgraue Armaturenbrett
und die ebenfalls neuen 16 PS-Motoren Einzug in die Sahara-Produktionsstraße.
Nach 693 gebauten Exemplaren wird die Produktion am 29.3.1967 eingestellt, ein
694tes Exemplar wird 1971 noch aus Ersatzteilbeständen vermutlich von einem
Holländer zusammengebaut. Schuld am mäßigen Verkaufserfolg und
der somit bescheidenen Stückzahl waren sicher nicht fehlende Einsatzmöglichkeiten
oder das Fahrverhalten, sondern der Preis, der in etwa beim Doppelten eines
normalen 2CV lag. Offizielle Aufgaben wurden dem 2CV Sahara etwa in Spanien
bei der Guardia Civil (85 Stück), der Nationalparkverwaltung in Israel
oder der Schweizer PTT zuteil, was auch das häufigere Auftreten dieser
Entenspezies bei unserem Nachbarn erklärt. In Österreich sind derzeit
4 Sahara bekannt.
Die Technik:
Das
Grundprinzip des 2CV Sahara ist je eine Motor-Getriebe-Einheit für die
Vorder- und die Hinterachse (Bimoteur), ein Konzept, das in den 30er Jahren
schon von Alfa oder DKW in Serie verwirklicht wurde. Die drei Schaltstangen
beider Getriebe werden durch einen Mitteltunnel durchs gesamte Fahrzeug geführt.
In einem Gussgehäuse im Fußraum zwischen Fahrer und Beifahrer werden
diese mit Hilfe eines Knüppelschalthebels bedient und durch einen kleineren
zweiten, seitlichen Schalthebel miteinander verbunden oder voneinander getrennt.
Das Zu- bzw. Wegschalten des Hinterradantriebes kann auch während der Fahrt
(im Leerlauf) geschehen. Als Notlauf ist auch das manuelle Abschalten des vorderen
Motors möglich. Mit Hilfe einer Gewindestange wird dabei unter der Motorhaube
die vordere Kupplung arretiert, das vordere Getriebe läuft bei der "Heckmotorente"
aber mit. Geänderte Schwimmerkammern der Solex 26 CBIN-Vergaser stellen
sicher, dass die Motoren auch in schwierigem Gelände mit Treibstoff versorgt
werden. Das Gaspedal bedient beide Vergaser, auch wenn nur mit einem Motor gefahren
wird. Ebenso verhält es sich mit Kupplung und Kupplungspedal. Die Kupplungskräfte
werden beim Sahara aber hydraulisch auf die beiden Ausrückgabeln übertragen,
die synchrone Einstellung der beiden Druckpunkte ist dabei sehr wichtig aber
nicht ganz einfach.
Gestartet wird der 2CV 4x4 Sahara wie ein zweimotoriges Propellerflugzeug.
Links vorne befinden sich 2 kleine Zündschlösser, zwei rote Druckknöpfe
und zwei Zündungs- bzw. Ladekontrollleuchten. Man steckt also beide Zündschlüssel
in die Zündschlösser, dreht den rechten Zündschlüssel (beschriftet
mit AV) 1/8 Umdrehung nach rechts. Die rechte Kontrollleuchte zeigt die eingeschaltete
Zündung für den vorderen Motor an. Dann drückt man den rechten
der beiden roten Druckknöpfe und gibt dabei ein wenig Gas. Mit etwas Glück
und Geschick erlischt die Kontrolllampe und der vordere Motor springt an. Danach
dreht man den linken Zündschlüssel (AR) ebenfalls 1/8 Umdrehung nach
rechts, die linke Kontrolllampe leuchtet, Knopf drücken, Gas geben, der
vordere Motor heult ein wenig auf, von hinten hört man deshalb nicht, ob
der Motor anspringt oder nicht. Erlischt auch die linke Kontrollleuchte, dann
haben wir gewonnen. Tut sie das nicht, können wir, wie eingangs beschrieben,
den hinteren Motor auch anschleppen.
Außer dem "Reservemotor"
im Kofferraum unterscheidet sich der Sahara von einer 2x4 Ente noch durch viele
Einzelheiten. Am augenscheinlichsten sind das Reserverad auf der Motorhaube,
die, obwohl sie eine Wellblechhaube ist, keine Wellen hat, sowie die Rohrstoßstangen.
Der Rahmen ist an einigen Punkten verstärkt, der Rahmenunterboden verlängert.
Der Sahara verfügt vorne und hinten über verstärkte Schwingarme
(3mm Wandstärke) und die größeren Radlager des AMI und steht
serienmäßig auf Reifen der Dimension 155X400, die über Doppelkreuzgelenkwellen
angetrieben werden. Die beiden vorderen Türen haben eine Ausnehmung, um
das Betanken der beiden unter den Vordersitzen untergebrachten 15Liter-Tanks
(doppelwandig!) auch bei geschlossenen Türen zu ermöglichen. Der Scheibenwischer
wurde beim Modell Sahara erstmalig bei einer Ente elektrisch angetrieben, der
Wischermotor (vom Citroën B11) hat dabei bis zum Modelljahr 1964 den Platz
des 12PS-Tachos im linken oberen Eck eingenommen und bedient dort das originale
12er-Wischergestänge. Die hintere Sitzbank musste um einige Zentimeter
nach vorne rücken, um dem hinteren Aggregat Platz zu machen. Die hinteren
Kotflügel sind zum leichteren Radwechsel ein wenig ausgeschnitten und wegen
der breiteren Reifen "dilletantisch" ausgestellt. Oberhalb der hinteren
Kotflügel beatmen seitliche "Kiemen" den hinteren Motor, die
Kühlluft des Heckmotors wird durch eine unübersehbare Öffnung
in der Heckklappe angesaugt, die Rücklichter sind klein und rund und an
die seitlichen Ecken der Karosserie mittels Trägerblech angeschraubt.
Das Fahrverhalten:
Das Modell mit der Nummer 0241 schreit schon länger nach einer Totalrestaurierung,
durch das viele Stehen scheint auch ein vorderer Radbremszylinder undicht geworden
zu sein, was zwar das Fahrverhalten nicht negativ beeinflusst, mich als Fahrer
aber vom Herantasten an irgendeinen Grenzbereich abhält. Aber ich habe
ja die Möglichkeit, diesbezüglich aus dem "Nähkästchen"
plaudern zu können.
Ja,
es ist wahr. Im Gelände entwickelt der Sahara schier unglaubliche Qualitäten.
In der Nähe des Treffenplatzes von Hatzendorf sind wir einmal eine Holzabfuhrrinne
hinaufgekraxelt, mittendrin stehen geblieben und wieder angefahren. Auf der
Hauereckhütte beim Wenden allerdings auch einmal vom rechten Weg abgekommen
und auf über 100% steilem Gelände (Straßenböschung) auch
wegen der zu scharfen Kante am Straßenrand aufgesessen und alleine nicht
wieder raufgekommen. Schaden hat der 0241 davon aber auch keinen genommen.
Auf befestigten Straßen kann der Sahara bis knapp vor der Höchstgeschwindigkeit
jeden 2CV6 erbarmungslos jagen. Die unglaubliche Kurvenlage durch die perfekte
Gewichtsverteilung, gepaart mit den breiteren X-Reifen und dem Drehmoment von
850 ccm (gegenüber 602 vom normalen 2CV!) geben vor allem auf kurvigen
Landstraßen den jüngeren Entenkindern keine Chance, so ausprobiert
vor Jahren zwischen Grubberg und Weiz gegen die Ente vom Chris.
Mit einem Motor verbraucht der Sahara in etwa 5 bis 6 Liter Benzin auf 100km,
die Fahrleistungen sind wegen des höheren Gewichts natürlich weit
unter denen des 2CV mit 12PS, die Höchstgeschwindigkeit beträgt ca.
65 bis 70km/h. Als Bimotor schnellt der Verbrauch gegen die 10-Liter Marke (im
Gelände u.U. auch mehr), die Höchstgeschwindigkeit liegt dann eindeutig
über 100km/h.
Chronik:
Die Produktionszahlen:
|
1960 |
20 |
1961 |
274 |
1962 |
112 |
1963 |
87 |
1964 |
138 |
1965 |
35 |
1966 |
27 |
1971 |
1 |
Gesamt |
694 |
|
|
Chassisnummern:
|
Fahrgestell Nr |
Produktionszeitraum |
0 001 - 0 199 |
01/09/1960 - 29/08/1961 |
0 200 - 0 449 |
29/03/1961 - 31/08/1962 |
0 501 - 0 618 |
29/06/1962 - 29/08/1963 |
0 631 - 0 707 |
29/08/1963 - 24/08/1964 |
0 710 - 0 742 |
25/08/1964 - 29/08/1965 |
0 750 - 0 779 |
30/08/1965 - 04/09/1966 |
0 780 - 0 791 |
05/09/1966 - 29/03/1967 |
Datenblatt:
Typenbezeichnung: 2CV Sahara 4x4 |
Fahrgestellnummer 0241 |
Motore: |
Zwei 2-Zylinder-Viertakt-Boxermotoren aus dem Standard 2CV-Programm,
Front- und Heckmotor identisch, Hubraum je 425ccm, BohrungxHub 66x62
2 x 12 PS DIN bei 3500/min mit Solex 26 CBIN Fallstromvergaser, Verdichtung
7:1,
Gebläsekühlung, Druckumlaufschmierung, 2 mechanische Kraftstoffpumpen
mit
Handhebel
(ab 1962 2 x 14 PS DIN bei 4200/min mit Solex 28CBIN Vergaser, Verdichtung
7,5:1
ab 1965 2 x 16 PS DIN bei 4500/min mit Solex 28IBC Vergaser, Verdichtung
7,5:1
Die typisierten Leistungen und Drehzahlen sind wegen unterschiedlicher gesetzlicher
Bestimmungen länderspezifisch und divergieren teilweise um 0,5 PS DIN)
Motornummer vorne: 05200247
Motornummer hinten: 05200194 |
Getriebe: |
2 mechanische 4-Gang-Schaltgetriebe, synchronisiert (außer 1.Gang)
Beide Getriebe ohne mechanische Verbindung miteinander, über einen
gemeinsamen
Mittelschalthebel geschaltet. Symmetrische Antriebsaggregate, Differenzial
hinten
seitenverkehrt eingebaut,
Achsuntersetzungen |
3,875:1 (0,258); |
|
Untersetzungsverhältnisse: |
1. Gang |
6,71:1 (0,149) |
|
2. Gang |
3,24:1 (0,308) |
|
3. Gang |
1,94:1 (0,516) |
|
4. Gang |
1,47:1 (0,679) |
|
Rückwärtsgang |
7,25:1 (0,138) |
Je eine Einscheiben-Trockenkupplung, hydraulisch betätigt (keine Fliehkraftkupplung!)
Kraftübertragung vorn und hinten durch vier Doppelgelenkwellen |
Fahrwerk: |
Verstärkter Plattformrahmen, vorn und hinten Einzelradaufhängung
an Längslenkern,
pro Seite je zwei längsliegende, gekapselte Schraubenfedern (Verbundfederung),
Trägheits- und Reibungsstoßdämpfer, Zahnstangenlenkung,
hydraulische Lockheed-Fußbremse auf alle vier Räder einwirkend
(Ein-Kreis-System), Bremstrommeln vorn und hinten innenliegend, Handbremse
mechanisch auf Vorderräder wirkend und feststellbar.
Gesamtbremsfläche: 376 qcm |
Maße: |
Geamtlänge 3 780 mm, Breite 1 480 mm, Höhe (unbelastet) 1 540
mm,
Radstand 2 405 mm, Spurweite (vorn und hinten) 1 260 mm
Bodenfreiheit (belastet) 160 mm, Wendekreis 10,5 m
Bereifung: Michelin 155X400
|
Gewichte: |
Leergewicht (mit Kraftstoff) 735 kg, Zuladung 305 kg, Zulässiges
Gesamtgewicht 1040 kg |
Weitere Informationen findet ihr auf Peter Wibmers
Homepage unter http://sahara.oecc.org/ |
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