Vogelrunde
Schräg mit der Kraft der Schrullen, oder aber: Wenn die Kollegen kindisch
sein können, dann kann ich das auch, nur anders.
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Ein erster Drift. Es sollten noch weitere
folgen.
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Es war nicht meine Idee, dazu ist sie einfach zu flink, und jeder wird mir
glauben: Schnelles Autofahren ist nicht meine Heimat, meistens genügt es
mir ja schon, wenn ich in einem feinen Auto sitzen kann, das steht. So spart
man Versicherung, Steuer und Benzin, in besonders raffiniert angelegten Fällen
auch das Restaurieren einer DS.
Es war also nicht meine Idee, in
einer verschneiten Schottergrube eine Drift-Challenge abzufeuern,
aber meine Autorevue-Kollegen waren sich plötzlich so
erschreckend einig, auch über mein kahles Haupt hinweg.
Das heißt, eigentlich waren sie
das schon letztes Jahr, aber dann fehlte plötzlich der Schnee
(ein Rätsel, eigentlich, weil in der Erinnerung war der Winter
2004/2005 auch verweht und zugeschneit.)
Diesmal aber sollte die
Drift-Challenge stattfinden, und die Grundregeln waren so einfach,
dass sie jeder verstehen würde: Verboten sind Allrad, Sperren
und Spikes, erlaubt ist alles andere. Dass jeder dem Sieger das Auto
um 700,– Euro abkaufen würde können, sollte die
Kosten in Bodennähe halten, und was soll ich sagen: Die nächsten
Wochen waren entsetzlich. Entfesselte Kollegen verfielen in die
Steinzeit und faselten vom Heckantrieb als seligmachends Konzept,
priesen Heckschleudern, durchsuchten schlecht beleumundete
Inseratenseiten nach Autos, zu denen man weiße Socken (nur echt
mit den horizontalen Streifen) zu tragen gesetzlich verpflichtet ist.
70 Jahre Automobilentwicklung fanden plötzlich wo anders statt,
nur nicht dort, wo Autos beruflich getestet werden, also wurden
eingekauft: Opel Rekord 2,2i, Bj. 86; VW Käfer 1300, Bj. 71;
Ford Capri 2,8i, Bj. 81; BMW 320i, Bj. 87; Volvo 360 GLT, Bj- 88;
Volvo 744 GLE, Bj. 89. Leise weinend sperrte ich mich in mein Büro
ein, und überlegte, wie wenigstens ein bisserl von der modernen
Autotechnik in diese trübe Verschwörung vorsintflutlichen
Auftritts zu bringen wäre.
So kam ich auf eine Konstruktion des
Jahres 1948.
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Ich bin von Sternzeichen Sparefroh,
Aszendent Dagobert. Außerdem ist der Autokauf für einen
Tag auch nicht so meine Sache, noch immer bin ich ja der Meinung,
dass ein Auto eine Anschaffung fürs Leben zu sein hat. Das
Auftreiben des Driftautos stand also unter den strikten Vorgaben:
Null Euro, null Zeitaufwand.
Ich würde mir also ein Auto
ausborgen, und natürlich nicht irgendeines, sondern das beste
Winterauto vor Erfindung der elektronischen Fahrhilfen, um fürderhin
den Kollegen bei den rutschigen Bewerben um die Ohren zu fahren. Eine
kleine Umfrage im Freundeskreis führte flugs zu einem 2CV, der
sich seit sieben Jahren gut ausgeruht hatte. Zuerst ohne Pickerl in
einem Garten, dann ohne nennenswerter Zukunft in Michis Scheune.
Natürlich waren dann die Vorgaben nicht mehr ganz zu halten, ich
investierte 6,40 Euro in eine neue Benzinleitung und einen Samstag in
ein halbes Motorservice. (Um die andere Hälfte kümmerte
sich Michi selbst, und am Ende sprangen bei minus 12 Grad beide
Zylinder gleich schlecht an. Wir hatten die rachitischen Zündkabel
nicht durchgemessen und daher dringelassen).
Damit die ungestüme Kraft der 29
PS zu bändigen wäre, braucht man auch Bremsen, deren
zufriedenstellende Funktion auf einem Weinviertler Feldweg
festgestellt wurde: Die Ente hielt noch vor der Grenze zum
Waldviertel an.
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Ein Teil des restlichen Starterfeldes.
Der andere Teil sah auch ähnlich aus.
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Weitere Feinheiten plante ich mittels subtiler Reifenwahl: Vorne würden
nur dezent verhärtete Winterreifen aus dem Jahr 1896 für fulminanten
Grip sorgen, und damit die Ente bei der Driftwertung und beim Slalom durch einen
geschmeidig wedelnden Bürzel überzeugen würde, montierte ich
hinten ausgelutschte und steinharte Sommerreifen von 1632.
Darüberhinaus wurde ich in meiner Autowahl von winzigen Details bestärkt:
Da günstiges Leistungsgewicht zählt, war ich nicht unfroh über
die vielen bereits weggerosteten Partien, nur die Sache mit dem beginnenden
Chassis.Knick wäre nicht unbedingt nötig gewesen. Wegen des leicht
hinfälligen Gesamtzustandes waren die Verhaltensregeln, die mir Michi mit
in die Schottergrube gab, eher einfach gestrickt: „Sch... dich nix, nur den
Motor hätte ich gerne wieder.“;
Also fuhr ich hin, um mich nix zu
sch....
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Und das zuerst zu Fuß. Bei
minus 12 Grad (auch die Temperatur war festgefroren) braucht trotz
lächerlicher Kopfbedeckung auch der Mensch dezente Erwärmung,
welche der LeMans-Start liefern sollte. Ich war noch etwas
ungeschmeidig und konnte nur von sechs Kollegen nur jenen abhängen,
der seinen sehr üppigen Schlüsselbund nicht im Zündschloss
umzudrehen vermochte.
Mit knapper Motorleistung (obwohl
mittlerweile alle 28 PS freudig versammelt waren) hatte ich natürlich
in jenen Bewerben den Scherm auf, in denen Motorleistung gefragt war,
also auf der Quartermile. Als uns endgültig auffiel, dass eine
Spur mehr Grip hatte als die andere, war ich auch schon Letzter.
Also startete ich zum Slalom (incl. Wende, die ich so anzulegen gedachte wie
ein Delphinschwimmer, den Plan dann aber doch wieder verwarf) von griffigerem
Grund, die Ente spielte ihre hervorragenden Winterfahreigenschaften aus, und
ich wurde Dritter.
Weniger
Ehrgeiz legte ich in die Schottergruben-Runde (mit Einzelstart, wir legten nicht
so viel Wert auf Kaltverformung, zumindest vorerst), wenn Chassis und Kastl
unter dem rumpligen Eis leiden, leide ich mit. Immerhin konnte ich den Chefredakteur
abhängen, dem eine Kurve zu eng wurde.
Am Ende aber kam der Driftbewerb, und
was soll ich sagen: In der Wertungsrunde legte ich durch gefühlvolles
Linksbremsen drei Idealdrifts in Serie hin, klopfte mir selbst auf
die Schultern und ließ mir von den Punkterichtern gerne die
Höchstwertung um den Hals hängen.
Seither erklären mir die
Kollegen auch nimmer, dass man mit einem Fronttriebler niemals
driften könne, und schon gar nicht mit 29 PS und Handbremse an
den Vorderrädern.
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Unser Stockerl, nach dem Kontakt mit den
Steinen (von vorne)
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Dass ich im Gesamtklassement trotzdem Letzter wurde, ist ein kleiner Schönheitsfehler,
aber die in Tausenderscharen anwesenden Entenhausener Schlachtenbummler erklärte
mich sofort zum Sieger der Herzen, während im Hintergrund der Chef seinen
Opel unter Zuhilfenahme eines Felsblocks verschrottete. So bekamen wir immerhin
ein feines Siegesstockerl, und wir hatten drauf alle ohne Dränglerei Platz.
Bis nächstes Jahr werde ich
eifrig den LeMans-Start üben, immerhin lässt sich der auch
im Alltag abseits eines Autos trainieren.
Erste Erfolge stellen sich übrigens
schon ein.
Morgens erreiche ich den
Frühstückstisch schon deutlich schneller als Daniela, auch
wenn ich die etwas längere links-rechts-Kombination durchs
Vorzimmer nehme.
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