|
My Private Entenhausen
In diesem Feature spielt nicht ein gewisser River PHOENIX die Hauptrolle,
sondern
Ihr selbst, möglicherweise Eure Eltern, Erbtanten, Onkeln aus Amerika
und ähnliche Familienmitglieder und ein oder mehrere Immobilien-Makler.
Erinnern wir uns zurück: Noch einmal, wie war das?
Das Bild vor unseren Augen verwäscht sich zur Totalunschärfe, wie
wir es von Rückblenden in Filmen gewohnt sind.
Wir haben ja schon lange vor Erhalt des Führerscheins gewußt,
daß
es eine Ente sein muß, die uns von hierhin mal nach dahin bewegen wird.
Je näher der Prüfungstermin rückte, desto länger wurden
die Tage bis zu diesem. Schularbeiten und Tests verloren ihren Stellenwert,
während dieser Zeit gab es nur ein Examen, das es wirklich und auf Anhieb
zu bestehen galt. Und während derartiger Phasen glaubt man auch an ein
übersinnliches, allesbestimmendes Wesen, zu dem man flehen kann. Offenbar
hat's genutzt.
Wir waren auch unter den ersten an jenem Tag am Verkehrsamt oder der
ausstellenden
Bezirkshauptmannschaft, um ja keine Minute des möglichen Besitzes des rosa
Scheins unnötig
zu vergeuden. Denn die Ente stand ja schon zu Hause. Auch hier wären
Wochen verschenkt gewesen, hätte man sich erst nach dem Erhalt des begehrten
Papiers um die Anschaffung gekümmert. Außerdem wäre gerade
diese bestimmt schon weg gewesen. Und überhaupt bot nur die eigene Ente
das beste Preis-/Leistungsverhältnis.
Wir investierten viel Zeit und Geld, um das auf unsere Bedürfnisse
abgestimmte
Treffenmobil zu verwirklichen, zimmerten Bettkonstruktionen und schneiderten
Vorhänge oder ließen es zumindest von uns wohlgesinnten Menschen.
Doch irgendwann wurde die Ente zu klein, und man mußte auf etwas
Größeres
umsatteln, oder es kam der Winter, und die halbwegs oder ganz neue Ente war
natürlich zu schade. Es kam also das zweite Gefieder ins Haus. Nicht
jeder ist in der glücklichen Lage, jemanden in der Verwandtschaft zu
haben, der über eine 150m2 große Halle verfügt, und auf ein
eigenes Kennzeichen anzumelden ist zu teuer und in einem Land wie Österreich,
in dem man bis zu drei Fahrzeuge auf ein Kennzeichen melden darf,
auch unnötig. Aber ohne Nummer auf öffentlichem Grund stehen zu
lassen, macht öS 1000.-, und bei einem Einspruch plus 10% Verwaltungsaufwand,
also öS 1100.-. Somit auf Dauer auch nicht praktikabel. Durch irgendwelche
Glücks- und Zufälle dürfen wir das Geflügel dann doch
irgendwo hinstellen, für eine relativ annehmbare Gegenleistung in Form
von schnödem Mammon. Natürlich ist es nicht möglich, Autos
tauschen, wie es einem einfällt! Nein, das geht klarerweise nur zu jenen
Zeiten, zu denen auch der Vermieter anwesend ist. Es ist auch keine
wohlklimatisierte
Halle, sondern nur ein Schotterplatz, wo die Ente Wind und Wetter leiden
muß,
aber es ist biller als die oben erwähnten 11 Hunderter oder eine eigene
Versicherung und somit ein eigenes Kennzeichen. Man ist ja schließlich
genügsam.
Aber nur bis zu jenem Zeitpunkt, zu dem sich ein Angebot ergibt, an welchem
man nicht ohne weiteres vorbeigehen kann. Lange war das Warten, aber jetzt
heißt's zuschlagen. So eine Chance kommt bestimmt nicht wieder. Und wir
schlagen zu, haben mittlerweile drei Autos, doch nur einen Abstellplatz. Es
folgen die bekannten zähen Verhandlungen mit dem Schotterplatzschnalzer
bzw. Hallenvermieter. Der Platz und die Bedingungen sind nicht ideal, es ist
jedoch das Beste, das man an der Hand hat. Und die Tatsache, daß der
Kotflügel schon wieder einen neuen Kratzer hat, belastet nicht mehr so
wie am Anfang. War's halt wieder der Bauer, der mit seinem Pflug noch immer
nicht reversieren kann, ein Versicherungsfall eben. Aber es stört.
Der Unterstellplatz ist ja auch nicht für immer angemietet worden, eine
Zwischenlösung, nur so lange, bis uns eine als geeignet erscheinende
Anzeige im Immobilien-BAZAR oder einem anderen Inseraten-Teil oder gleich das
Areal auf einer unserer zahlreichen Erkundungsreisen anspringt, eine Art Garage
mit Wohnmöglichkeit. Es muß ja nicht direkt neben der Arbeitsstelle
sein, dieser Illusion geben wir uns ohnedies nicht hin.
Die Suche verläuft in konzentrischen Kreisen um den Ort der Arbeitstelle
und mutiert zur Durststrecke,
wenn man Maklerbüro um Maklerbüro erfolglos aufsucht. Die Branche
kennt uns, und wir kennen bereits das Kopfschütteln der Angestellten,
wenn wir unsere Wünsche und vor allem die zur Verfügung stehenden
finanziellen Möglichkeiten darlegen. Auch die abwimmelnden Handbewegungen
der Finanzberater erscheinen uns irgendwann nicht mehr so fremd. Sie faseln
irgendwas von "unter dem Existenz-Minimum mit einem derartigen Kredit",
was wir nur sehr leise wahrnehmen, während wir uns zur Türe schleppen.
Die ersten Selbstzweifel stellen sich ein, denn andere haben's doch auch zu
etwas gebracht. Doch nach geraumer Zeit des detaillierten Studiums sämtlicher
Announcen bietet sich das Gesuchte an, es drängt sich förmlich
auf. Toll, diese 120m2 Stadel, da bringt man rein rechnerisch 20, effektiv,
wenn man gut schlichtet und alles Gerümpel vom Vorbesitzer ausgeräumt
hat, 15 und derzeit 8 Enten unter. Auch die, nennen wir es, Werkstatt sieht
gut aus. Wenn das einmal betoniert ist, kann eine längerdauernde
Fahrzeug-Restaurierung
begonnen werden, die Einfahrt soll für kleinere Arbeiten wie Service
oder ähnliches reserviert bleiben. Kurzzeitig können auch fahrbereite
Autos dort untergestellt werden.
Die Freude und der Einsatz, sowohl finanziell als auch körperlich, sind
groß, die Realität nähert sich langsam, aber bestimmt, der
Wunschvorstellung an. Asymptotisch, versteht sich, denn derartige
Großprojekte
werden bekanntlich nie abgeschlossen.
Endlich hat man den Platz, den man Jahre oder noch länger vermißt
hat. Früher mußten wir sogar geschenkte Enten ausschlagen, denn
wir wußten nicht, wohin mit dem Korpus, wohin mit den Teilen. Dabei hatte
doch gerade diese ... Aber das ist nun alles vorbei. Sogar preislich akzeptables
Material wird genommen.
Auch die Werkstatt wird eingerichtet, denn ohne Schweißgerät und
Kompressor sieht sie doch ziemlich verlassen aus. Außerdem kann nun endlich
der ... und die ... hergerichtet werden, und dazu sind diese beiden Tools absolut
unerläßlich.
Wieder verwäscht sich das Bild zur Totalunschärfe, wir befinden
uns nun in der Gegenwart und können zu einer Art Bestandsaufnahme schreiten:
Der Stadel ist gesteckt voll, und die Kratzer im Kotflügel, die wir
früher
auf den Bauern schieben konnten, machen wir nun selbst. Drei Fahrzeuge werden
geschlachtet, die Teile im Keller verstaut, die Karroserien und Rahmen
zusammengeschnitten
und der Altmetallverwertung zugeführt. Fünf Exponate sollen wieder
in den österreichischen Straßenverkehr aufgenommen werden, die
verbleibenden sind ohnehin fahrbereit. Jedoch hat sich vor dem Stadel auch
schon eine nicht unbeträchtliche Menge angesammelt, die teilweise wieder
zum Leben erweckt werden möchte. Eingedenk der im trockenen Stadel ruhenden
Leichen kommen nicht nur mir die Tränen, auch die Wolken lassen ihr Wasser
herab auf die erste schöne AKDY meiner Laufbahn. Und wie's im
Frühling
eben so ist, blüht auch hier etwas, an dem wir uns aber nicht derart
erfreuen können.
denkt SLOTEN
« ^ »
|