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Eine Ente wie damals

Oder aber: Ewig währt am längsten

Anlässlich der Überreichung meiner umgebauten Ente beim Hintaus-Teffen in Dürnleis am 29.8.2010 hatte ich nicht nur die Gelegenheit „Danke“ zu sagen, sondern auch meine langjährige Beziehung zu ihr etwas ausführlicher zu erläutern.

Szenen einer Reise nach Azerbaidjan: Vertrautes Auto, weniger vertrautes Ortsschild.

Es war 1977, ich war gerade 17, als ich zum ersten Mal ins Mutterland Citroens reiste. Damals gab es wohl in ganz Paris kaum eine Gasse in der nicht ein 2CV zu sehen war und schon war ich dem Charme dieses Fahrzeugs unterlegen. Das einzige Problem war, dass ich damals noch zu jung war um diese Beziehung aktiv ausleben zu dürfen.

Nach einem relativ schwierigem Jahr mit einem Ford Taunus 17M, kaufte mir mein Vater 1979 nach bestandener Matura und langem Zureden meinen ersten und einzigen neuen 2CV6. Von der Entenszene hatte ich noch keine Ahnung und erst als ein Freund von mir seine Ente auf einen 2-Sitzer mit verlängerter Schnauze umgebaut hatte wurde man auf uns aufmerksam. Das Hollareih 1988 in Ebensee war mein erstes Ententreffen. Zwar regnete es an allen Tagen und Schützinger Peter legte eine Nachtschicht ein, in der er wegen eines schweren Lenkungsdefekts meine Vorderachse tauschte, aber es wurde mir klar, dass Lagerbier und Lagerfeuer ein gemütliches Lager ergeben.

Große Reise, großes Problem. Und die Anzahl auskunftsfreudiger Passanten am Wegesrand ist auch nicht immer üppig.

Meine ersten Auslandsreisen führten mich nach Budapest und an den Plattensee. Ich liebte ungarische Autobahnen, denn im direkten Vergleich mit den Skodas, Warthburgs und Trabants war die Ente zu meist auf der Überholspur. Etwas schwieriger verliefen noch die Grenzübertritte – Schengen war damals noch weiter entfernt als Shanghai. Trotz aus gebauter Sitzbank, offenem Dach und nahezu ohne Gepäck musste ich den Kofferraumdeckel öffnen, damit sich der Grenzsoldat mit einem Blick durch den Kofferraum wieder hinaus ins Freie überzeugen konnte, dass sich keine weiteren Personen in meinem Fahrzeug befanden. Unvergesslich wird mir auch ein innerdeutscher Grenzübertritt bleiben, bei dem ich das DDR-Organ betont freundlich mit „Grüß Gott“ ansprach, worauf ich ein schroffes: „sollt ich ihn nachher treffen, richt ich´s ihm aus“ zur Antwort bekam.

Nicht ganz fremder Ausblick, sogar in Azerbaidjan.

Das schweizer Welttreffen 1991 im Haslital bot mir erstmals die Gelegenheit auch auf internationaler Basis die Citroenverrückten kennen zu lernen. Eine beträchtliche Anzahl von ihnen darf ich heute noch zu meinen Freunden zählen.

Seither habe ich zwischen 20°w und 50°ö sowie zwischen 30°und 65° nördl. fast 50 Länder mit der Ente bereist. Länder die es heute nicht mehr gibt und solche die es vor 20 Jahren noch nicht gegeben hat. Hunderte, nein, Tausende Eindrücke und Bilder haben sich dabei in meine Erinnerung eingeprägt.

Das Steckenbleiben im isländischen Schnee auf dem einsamen Weg zu einem Wasserfall, die scheinbar endloslangen Fahrten durch einspurige, unbeleuchtete Tunnels auf den Faröer Inseln, die tagelange Fährenfahrt übers schwarze Meer mit russischen LKW-Fahrern wo ich mehr Wodka als Wasser sah, die Abschiedsworte einer deutschsprechenden, ukrainischen Zöllnerin nach 12 stündigen Grenzformalitäten: „und wenn Sie unser Land jetzt immer noch besuchen wollen, wünsche ich Ihnen gute Reise“, das unmittelbare Vorbeitrotten eines Braunbären in den schwedischen Wäldern, das mühevolle Überqueren des Cirque de Jaffar im Atlasgebirge, wo mir dann ein befreundeter Marrokaner erklärte, dass da nur Eselwege drüber führen, das Schreiben von Dollar-Beträgen in den Staub unserer Windschutzscheiben in einer Schlucht zwischen Russland und Georgien um den Preis für den soeben erfolgten Grenzübertritt mit dort heimischen Schleppern auszuhandeln, die aber mit leicht geöffneten Jacken erkennen ließen, dass sie die besseren Argumente am Körper trugen. Polizeianhaltungen mit unterschiedlichen Ausgängen: vom Strafezahlen wegen zu vieler Pickerl am Auto , bis zum Wunsch des Polizisten mit der Ente fahren zu dürfen und ihn dabei zu fotografieren, von der erfolgten Führerscheinabnahme, die niemals rechtswirksam wurde, weil der Amtsarzt keine Kanüle hatte um mir Blut abzunehmen, bis zum Wodkatrinken mit georgischen Polizisten auf die europäische Freundschaft.

Egal wohin ich reiste, von überall kam ich mit meiner Ente auch wieder nach Hause. Pannen hatte ich nur wenn jemand dabei war, der sie auch beheben konnte. So etwa Arne beim 50 Jahre Jubiläumskonvoi , der auf der Champs Elysees den Benzinschlauch wechselte oder Hannes Hromadka und andere die in einer Steinwüste Marokkos den leck gewordenen Ölkühler mit einer aufgeschnittenen Cola-Dose abdichteten. Nur einmal hinderte ein Baum meine Heimkunft, aber das war nur 200m von zu Hause entfernt.

Ich habe im 2CV gelebt und geliebt, geweint und gelacht, geschnarcht und gesungen, geschwitzt und gefroren, gekocht und gegessen, habe Kinder geschaukelt, jedoch keine gezeugt, habe Tiere überfahren, aber auch ein paar Stunden altes Wildschwein knapp vor dem Erfrieren geborgen und es mit der Ente zu einem Jäger gebracht, bei dem es sein ganzes Leben verbrachte.

Noble Absteige, eh auch nobles Auto.

Getreu dem Spruch, dass dies kein Wagen sondern eine Lebenseinstellung ist, hat sich vieles in meinem Leben an der Ente orientiert. Keine meiner Beziehungen hat bis jetzt so lange gehalten wie die zu meiner Ente. Bis vor 10 Jahren war sie sogar streng momogam. Und dann ereignete sich vor nunmehr 3 Jahren der Sturz durch einen morschen Boden seit dem ich querschnittgelähmt bin. Es wurde mir rasch schmerzlich bewusst, dass ich neben anderen häufig ausgeübten Tätigkeiten wie Laufen und Radfahren wohl auch auf das Entefahren verzichten müsste. Es ihn Hinkunft also nur mehr eine platonische Beziehung zwischen mir und dem 2CV geben konnte. Dass ich mich darin täuschen sollte, habe ich diesen vielen Citroenverrückten zu verdanken, aber der Michi Tasch muss dabei namentlich erwähnt werden. Wieviele Stunden er und alle anderen in der Zeit von GÜ´s Waldgassenruf zu Weihnachten 2008 bis zur Übergabe vor ein paar Wochen in das Projekt handbetriebene Ente investiert haben, wird kaum jemand wissen. Ich kann nur hoffen, dass euch meine Freude darüber für all diese Anstrengungen ein klein wenig entschädigen. Es ist mir klar geworden, dass es nicht nur das Auto ist das sich das Prädikat „liebenswert“ verdient hat, sondern auch seine Anhängerschaft.

Da mein Unfall nur kurz nach dem Welttreffen in Schweden passierte, hatte ich fast 2 Jahre Zeit um mich so weit zu erholen, dass ich in Tschechien dabei sein konnte. Für Frankreich im nächsten Jahr bin ich zuversichtlich, wieder selbst ein Bestandteil des Welttreffens sein zu können.

Danke Michi, danke euch allen!

Wolfgang

P.S.: Ich glaube, ich muss mir eingestehen wohl auch in den Kreis der Citroenverrückten zu gehören.

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