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Ausdruck vom 25.12.2024, 09:43 Uhr 

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Narizin: Neulich habe ich mir einen HY gekauft

Und ewig gr��t der HY

Ein Restaurationslassbericht

von Helge Torgersen

Neulich habe ich mir einen HY gekauft. Christine, meine liebe Frau, wollte wieder einen Campingbus, nachdem ich meinen vor etlichen Jahren mangels Interesse der Familie verscherbelt hatte � die Jungs wurden gro� und wollten verst�ndlicher Weise nicht mehr mit uns Alten wegfahren. Da ich HYs mag (wer nicht, der diese Zeilen liest?) konnte ich einem Angebot nicht widerstehen, das ich m�hsam und nach langem verbalen Massieren aus dem widerstrebenden Besitzer herausgekitzelt hatte: er gab seinen nach etlichem Str�uben doch her, Baujahr 1975, silbergrau, eingerichtet mit einer etwas zerschlissenen, aber leicht entfernbaren Campingeinrichtung und einigerma�en rostig im Kastl, daher pickerllos.

Technisch war der Wagen, wie meistens, bis auf die Bremsen gar nicht so schlecht; der Motor war einmal gegen einen fabrikneuen getauscht worden und hatte nicht viel mehr als 50.000 km auf dem Buckel. Au�erdem war der Wagen billig und der Verk�ufer vertrauensw�rdig, weil ein guter Freund und Mechaniker (letzteres ist angeblich nicht ganz selbstverst�ndlich mit Vertrauensw�rdigkeit verbunden, in Kombination aber schon). Er seinerseits hatte den HY vor acht Jahren dem dritten Besitzer abgeschwatzt, dem Hersteller der Campingeinrichtung, der den HY ganze siebzehn Jahre gefahren hatte, zuletzt aber mangels Interesse in der Familie nur mehr sehr sporadisch. Der Freund wollte den HY herrichten, hatte aber wegen anderer Interessen in all den Jahren kaum eine Schraube anger�hrt und den Wagen in einer Halle verstauben lassen.

Vielleicht sollte ich dazu sagen, dass mir der weiland Drittbesitzer und Campingeinrichtungs-Hersteller jahrelang jeden morgen beim Rasieren vorwurfsvoll aus dem Spiegel entgegengeblickt hatte, und zwar durchaus nicht weil er meinte, ich sollte mir einen Bart stehen lassen. Vielmehr h�tte ich lieber keinen HY verkauft haben sollen.

Das sich daraus ergebende intensive Naheverh�ltnis zwischen Dritt- und F�nftbesitzer, um nicht zu sagen deren Identit�t, hat nat�rlich Folgen. Zum einen muss ersterer �ber diverse M�ngel Bescheid wissen, letzterer hat also keine Ausrede, was unbeabsichtigte Ausgaben angeht. Zum anderen hatte ersterer sich bereits Gedanken �ber eine m�gliche Einrichtung gemacht, die f�r letzteren zwar schon etwas altbacken klingen, aber man soll ja bei einer solchen Aktion nichts �berst�rzen, weil man mit dem Ergebnis etliche Jahre leben muss � es k�nnen auch Jahrzehnte werden. Zum dritten ergibt sich f�r letzteren die Gelegenheit, Dinge zu erledigen, zu denen ersterer in vielen Jahren nie gekommen ist und die er jetzt auch nicht mehr bezahlen muss, oder sogar aus vergangenen Fehlern zu lernen. Wer kann das schon von sich behaupten?

Wer �ber mathematische F�higkeiten verf�gt kann leicht errechnen, dass der HY angesichts der gegenw�rtigen Jahreszahl (2011) beim Wechsel vom Zweit- zum Drittbesitzer elf Jahre alt war � das Auto ist Baujahr 1975, daraus ergibt sich m�helos 1986 als erstmaliges Kaufdatum und 2010 als zweitmaliges, sozusagen. 1986 ist allerdings als nicht besonders guter Jahrgang in die Geschichte eingegangen, sowohl was die Blechqualit�t bei Citroen als auch was andere unangenehme geschichtliche Ereignisse angeht, an die gerade jetzt Erinnerungen wach werden. Ein Grund, warum meine Frau einen Campingbus wollte war n�mlich, um mit den beiden Kindern (damals zwei Jahre alt bzw. gerade neu) hinaus in unkontaminierte Gegenden zu gelangen: Es war das Jahr von Tschernobyl. Heuer werden meine S�hne � erraten � siebenundzwanzig und f�nfundzwanzig. Und heuer f�rchten wir uns wieder vor radioaktiver Verstrahlung aus einem havarierten Atomkraftwerk, wenn auch auf der anderen Seite der Erde. Wir haben aus vergangenen Fehlern offenbar nichts gelernt.

Um dieser Gefahr nicht anheim zu fallen war meine �berlegung, das HY-Blech, wo unbedingt n�tig, reparieren zu lassen und nicht einfach zuzukleistern. Ich hatte elektronisch einige Ersatzbleche ergattert und wollte sie ordentlich einschwei�en und nicht blo� einbraten lassen. Mein Schwager hat n�mlich seinerseits einen, der kennt da jemanden, dessen Bekannter einen Freund hat, der usw.; kurz, der HY landete in Tschechien, nicht weit hinter der Grenze zum Weinviertel, abgeholt vom Werkstattbesitzer, Herrn Bedrich N. auf einem etwas altersschwachen aber neu lackierten Autotransporter. Der Herr Bedrich schaute sich die Bescherung vor dem Verladen an, drehte die Bleche in den H�nden und meinte dann, ob man nicht gleich die ganze Kiste lackieren sollte, wenn schon denn schon, und nannte einen sehr g�nstigen Preis.

Naja, sagte da der Drittbesitzer, warum eigentlich nicht? Der F�nftbesitzer kriegte es augenblicklich mit der Angst und z�gerte ein wenig, gab dann aber nach � man soll ja Fehler nicht zweimal machen, denn der Drittbesitzer hatte das Kastl vor etwa zwanzig Jahren einmal mit Farbe und Pinsel traktiert, weil das Silbergrau vorn anders war als hinten und dort wieder anders als in der Mitte. So war es zumindest �berall �hnlich geworden, jedenfalls solange nicht graue Rostschutzfarbenkleckse das Auto wie Masern �berzogen hatten. Herr Bedrich rauschte ab und wollte nach sechs Wochen liefern.

Das war im April 2010. Heute kann ich mit Freude vermelden, dass ich meinen HY tats�chlich wieder daheim habe. Allerdings schrieb man Ende Februar 2011, als Herr Bedrich stolz das Resultat seiner Bem�hungen ablud. Eigentlich h�tte er sich auch noch etwas Zeit lassen k�nnen, denn f�rs Autobasteln bzw. Buseinrichten war es ja noch viel zu kalt.

Dazwischen lagen Monate des Wartens, der grenz�berschreitenden Besuche, des Abw�gens und Pl�neschmiedens � und nat�rlich des Zahlens. Aus dem Einschwei�en der Bleche wurde zun�chst ein Ganzabschliff bis aufs Blech (wer jemals Wellblech schliff wei� was das bedeutet) und Neuaufbau der rostbefallenen Stellen, die sich auf weit �ber die durch Ersatzbleche abgedeckten Bereiche erstreckten, denn HY-Karosserien eines bestimmten Alters, also alle, bestehen im Wesentlichen aus Eisenoxidlegierung.

Dann � wenn schon denn schon � erhob sich die Frage, die etwas schief sitzenden Fenster seitlich im Kastl, die aus den Heckt�ren dreier Ford Transit stammten, durch gr��ere und gerade zu ersetzen sowie ein neues � wenn man schon dabei ist � in die Schiebet�r einzulassen.

Warum nicht, sagte der Drittbesitzer hocherfreut, w�hrend der F�nftbesitzer kaum h�rbar mit den Z�hnen klapperte und vorsichtig die Zehen einrollte. Dann frug sich, ob nicht auch der Innenraum, zumindest vorne, mitlackiert werden sollte, weil da viel nacktes Blech ist und die Farbe doch etwas anders erschien als die urspr�ngliche AC 109 (gris metallis�) in Einschicht-Form. Die war schon etwas verblasst und au�erdem gab es das Rezept nicht mehr, so dass sie optisch nachgestellt werden musste. Naja, meinte der Drittbesitzer, wenn schon ... und der F�nftbesitzer biss sich auf die Zunge, um nicht laut aufzujaulen. Tja, und die Sitze ...die Kunstlederbez�ge waren zerschlissen, sollte man nicht neue � der Drittbesitzer rieb sich die H�nde, das hatte er immer schon gewollt, w�hrend der F�nftbesitzer begann, sich in einer dunklen Ecke der Bedrichschen Werkstatt leise weinend auf dem Boden zu w�lzen. Gl�cklicherweise achtete Herr Bedrich stets auf Sauberkeit.

Schlie�lich die Bremsen � ich hatte einen Bremskraftverst�rker erstanden (gar nicht so leicht! Und gar nicht so billig!!), den ich eigentlich einbauen wollte, aber der Drittbesitzer meinte, das k�nnte doch auch durch einen Mechaniker in Diensten des Herrn Bedrich erfolgen, der auch gleich die Bremsen pr�fen und die Fl�ssigkeit tauschen sollte. Daraufhin legten sich die Haare des F�nftbesitzers vom Rechtsscheitel auf einen Linksscheitel, wobei sie vorher eine Zeit lang unschl�ssig in Mittelposition erigiert verharrten. Und weil der Tank schon herau�en war, konnte man ihn gleich von innen s�ubern und neu versiegeln, was dem F�nftbesitzer eine Art Schockstarre eintrug, die der Drittbeistzer ausnutzte, um rasch noch das Sandstrahlen der T�ren vor dem Lackieren in Auftrag zu geben. Das h�tte der F�nftbesitzer vermutlich nicht �berlebt, w�re es ihm klar geworden.

Kurz, die Arbeiten zogen sich in die L�nge, weil einerseits Herr Bedrich nur dann arbeitete, wenn er und seine Mannen sonst nichts zu tun hatten (was offenbar selten vorkam) und weil andererseits der Drittbesitzer einen ungeahnten Einfallsreichtum an den Tag legte, was Herr Bedrich sonst noch tun k�nnte, wenn er mal dazu k�me. Und wenn dem Drittbesitzer nichts mehr einfiel, hatte Herr Bedrich blendende Ideen, etwa neue Gummimatten anzufertigen, neue Dichtungen zu montieren oder � warum nicht? die Radmuttern zu lackieren, nat�rlich ohne zu vergessen, die kleinen Abdeckkappen f�r die Naben auszubeulen und zu polieren.

Wie der HY dann abgeladen wurde, also im Februar, war er eigentlich zu sch�n um wahr zu sein. Denn HYs sind bekanntlich Alltagsg�ule, sie haben verbeult und ein wenig (ein wenig!) rostig daher zu kommen, mit Schrammen und Macken, grimmigen Spuren der Jahre, kurz, mit etwas, das bei vornehmen Autos Patina hei�t und selber schon teuer ist. So ein Exemplar wie meines d�rfte es also gar nicht geben, denn er schaut aus wie aus dem Prospekt von Heuliez. Gl�cklicherweise braucht man nur die Motorhaube zu �ffnen, denn dorthin haben sich offenbar die Spuren der Jahre verkrochen, zumindest was davon noch �brig war. Dort besteht daher eher ein �berschuss an Patina. Eine 1-2-3-Z�ndung ist zwar schon halb eingebaut, aber der Vergaser ist noch zu �berholen, K�hler und Auspuff sind zu dichten, Schl�uche zu tauschen � es fehlt noch an diesem und jenem.

Jetzt muss ich also noch die Einrichtung erneuern, und dabei erhebt sich wie von selbst die Forderung nach einer dem �u�eren ad�quaten Ausf�hrung. Der Drittbesitzer ist selig ob der Herausforderung, w�hrend der F�nftbesitzer die N�chte heulend und z�hneklappernd vor dem K�hlschrank verbringt und Trost im Alkohol sucht. Die Aufgabe erscheint geradezu herkuleisch und ist zudem bis zum sommerlichen Frankreichurlaub zu bew�ltigen. �berdies geht momentan gar nichts weiter; derzeit streiten sich Dritt- und F�nftbesitzer sogar um die Grund legenden Parameter. W�hrend ersterer eine Reiseeinrichtung bevorzugt, die das mehrpersonige Fahren erlaubt, will letzterer eine Aufenthaltseinrichtung, die das zweisame Bleiben beg�nstigt. Ein Kompromiss zwischen beiden ist kaum in Sicht, ich beschr�nke mich somit zur Zeit auf generelle Ausbaut�tigkeiten wie Isolierung und Verkleidung.

Zweckdienliche Hinweise bez�glich ad�quater, epochengem��er Einrichtung bitte an die Redaktion. Falls jemand eines der beliebten T-Shirts mit dem Aufdruck �ich bin schizophren� auf der Vorderseite und �ich auch� auf der R�ckseite besitzt, so besteht auch daf�r Interesse.

 
  «  ^  » URL: http://www.oecc.org
Stand: 15.03.2013
Copyright: Hannes Hromadka

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